Martin Sonneborn wurde ins Europaparlament gewählt, bereitet aber schon wieder seinen Rückzug vor. „Wir werden versuchen, monatlich zurückzutreten, um 60 Parteimitglieder durchzuschleusen“, sagt der Satiriker.

Berlin. Kaum gewählt, denkt er schon wieder an Abschied: Der einzige Europaparlamentarier der Satire-Partei „Die Partei“ will bereits nach einem Monat sein Mandat wieder abgeben. „Ich werde mich vier Wochen lang intensiv auf meinen Rücktritt vorbereiten“, sagte Martin Sonneborn am Abend nach der Europawahl.

Der frühere Chefredakteur der Satirezeitschrift „Titanic“ erklärte, damit eine Rotation einleiten zu wollen. „Wir werden versuchen, monatlich zurückzutreten, um 60 Parteimitglieder durchzuschleusen durch das EU-Parlament. Das heißt, dass jedes dieser Mitglieder einmal für 33.000 Euro im Monat sich Brüssel anschauen kann und dann zurücktritt und noch sechs Monate lang Übergangsgelder bezieht. Wir melken also die EU wie ein kleiner südeuropäischer Staat.“ Seltsam findet der Real-Satiriker das alles jedoch nicht: „Ich glaube nicht, dass wir die Verrücktesten sind im Europaparlament.“

Themen Faulenquote und Wahlalter

Zur Europawahl war „Die Partei“ mit Themen wie Einführung der Faulenquote, eine Million Euro Existenzminimum (pro Person) und ein Wahlalter zwischen 12 und 52 angetreten.

Am Wahlabend twitterte Frontmann Sonneborn unter Verweis auf seine Initialen: „Die Partei erzielt 0,5% (ZDF)? Wir sind Wahlsieger! Europa ist reif für ein MS-Regime... Smiley!“ Vor der Wahl hatte er gesagt: „Wir ziehen mit Sex und Hitler in diesen Wahlkampf.“

Die Gruppierung um Mastermind Sonneborn wurde 2004 von Redakteuren des Satiremagazins „Titanic“ gegründet. Ihr Name setzt sich aus den Anfangsbuchstaben dieser Begriffe zusammen: Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative. Im Jahr nach ihrer Gründung begann „Die Partei“ an Wahlen auf praktisch allen Ebenen teilzunehmen. Zur Bürgerschaftswahl 2011 trat sie in Hamburg mit Spitzenkandidat Heinz Strunk an.

Durchaus gelungene Systemkritik

Nicht unberüchtigt sind ihre Wahl-Spots: 2013 war es ein verpixelter TV-Softporno, zur Europawahl 2014 verweigerten WDR und SWR die Ausstrahlung eines Radio-Spots.

Das Wahlprogramm für die Europawahl unterschied sich nur geringfügig von dem der Bundestagswahl 2013 (zentraler Punkt: Wiederaufbau der Berliner Mauer). Die Gruppierung betreibt im Wesentlichen politische Parodie sowie die Simulation echter Politik und ihrer Wahlkämpfe. Viele finden das launig, gelungen und sehr lustig, andere unsinnig und schlicht stumpf.

Die ernsthafteren Analysen bescheinigen der „Partei“ eine gelungene Systemkritik: Es gelinge ihr, die Austauschbarkeit politischer Positionen und einen oft inhaltsleeren, in Phrasen erstarrten politischen Prozess durch gelungene Null-Aussagen zu karikieren und vorzuführen: „Nein zum EU-Norm-Penis“, „Schwarzfahren muss bezahlbar bleiben“ – auch das waren Forderungen aus dem Wahlkampf.