Hamburg. Das Problem ist so alt wie die Politik: „Krieg für den Frieden: Kann man Gewalt mit Gewalt bekämpfen?“ lautete die Fragestellung der Dialogreihe „Bridging the Gap“ des Vereins zur Förderung des Israel-Museums und des Thalia Theaters Hamburg. Die Gastgeber Sonja Lahnstein-Kandel und Joachim Lux baten Ex-Außenminister Joschka Fischer (Grüne) und Jörg Armbruster, langjähriger Auslandskorrespondent der ARD, um Antworten.

Fischer war von 1998 bis 2005 Außenminister, als erstmals nach 1945 wieder deutsche Bodentruppen im ehemaligen Jugoslawien in einen Kriegseinsatz zogen. Damals rechtfertigte er den Einsatz. Fischer erinnerte auch an die schwierige persönliche Entscheidung im Bosnien-Krieg, an das Massaker von Srebrenica. „Damals erinnerte ich mich an die Frage an meinen Vater: Warum hast du nichts getan?“ Heute sei er sich sicher, man hätte viel früher auf dem Balkan eingreifen müssen. Fischer betonte: „Deutschland kann sich als bevölkerungsreichstes und wirtschaftsstärkstes Land nicht heraushalten. Wir sind keine große Schweiz.“

Deutliche Kritik übte er an Russland: Die Ukraine-Politik sei nicht durchdacht. Offenbar treibe der Wunsch, eine Weltmacht zu sein, die Russen um. Schon zu seiner Amtszeit sei dieser Drang bei Putin spürbar gewesen, der „Phantomschmerz“ über den Zusammenbruch der Sowjetunion. „Europa bekommt ein großes Problem, wenn die Unverletzlichkeit der Grenzen nicht mehr gilt“, sagte Fischer. Die Entspannungspolitik stecke in einer Krise. Die wirtschaftliche Annäherung habe nicht zum gewünschten Ergebnis geführt. Hart ging Fischer mit „Putin-Verstehern“ ins Gericht. Auf Schwäche werde dieser nicht reagieren.

Fischer hielt ein Plädoyer für Europa: „Wenn es Europa nicht gäbe, müsste man es erfinden“, sagte er unter Beifall. „Es ist aber illusionär zu glauben, Europa könne allein für seine Sicherheit sorgen.“ Zugleich übte er Kritik an Barack Obama, der rote Linien gezogen habe, ohne dann zu handeln.