Vertreter der Familie des Hamburger Opfers plädieren für Aufklärung durch Bürgerschaft

Hamburg. Sowohl der Bundestag als auch die Parlamente von Thüringen, Bayern und Sachsen haben bereits Untersuchungsausschüsse zu den Ermittlungspannen während der NSU-Mordserie eingerichtet. In Thüringen und Sachsen hatten sich die Mitglieder der rechtsterroristischen Gruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) radikalisiert. In Bayern hat es die meisten der zehn Morde gegeben. 2001 soll die Gruppe auch Süleyman Tasköprü in Bahrenfeld erschossen haben. Die Familie des Opfers sowie deren Anwälte fordern nun auch einen Untersuchungsausschuss in der Hamburgischen Bürgerschaft. Sie halten eine parlamentarische Aufklärung zu möglichen Verbindungen der Terrorgruppe nach Hamburg für notwendig. „Es gab offensichtlich mehr Unterstützer und Helfer als angenommen. Es zeichnet sich auch ab, dass es Kontakte nach Hamburg und zu Hamburger Neonazis gab“, so die Anwälte.

Hamburg stand bisher nicht im Fokus der Kritik durch die Abgeordneten im Bundestag. Doch es ist deutlich geworden, dass das Trio sowie dessen mutmaßliche Unterstützer Hamburger Neonazis zumindest kannten – sie trafen sich vor dem Abtauchen der Gruppe auf Demonstrationen oder waren teilweise in denselben Organisationen aktiv. Unklar ist, ob dem NSU bei der Auswahl der Opfer und der Tatorte wie in Hamburg durch Neonazis vor Ort geholfen wurde oder ob Hamburger Neonazis von den Mordplänen wussten. Beweise dafür gibt es bisher nicht.

Das NSU-Verfahren in München klärt vor allem die Schuldfrage der Angeklagten an der Mordserie, weniger aber die Strukturen der Neonazi-Szene. Die Hamburger Anwälte listen nun 13 Fälle mit Namen von Neonazis und Organisationen auf, die aus ihrer Sicht Hinweise sein können auf engere Verbindungen zwischen dem NSU und der Szene im Norden. „Vor allem verlangen wir Aufklärung. Bisher sind Akten der Öffentlichkeit in Hamburg nicht zugänglich“, sagt Anwältin Angela Wierig. Zuletzt wurde bekannt, dass eine V-Person dem Hamburger Verfassungsschutz eine CD mit rechtsextremer Propaganda übergeben hat, auf der „umfangreiche Bilddaten“ des „Nationalsozialistischen Untergrunds der NSDAP (NSU)“ sein sollen. Der Verfassungsschutz macht dazu keine Angaben.

Erst kürzlich hatte der Senat einen 87-Seiten-Bericht vorgelegt, in dem er die Ermittlungen zusammenfasst und Konsequenzen für die Sicherheitsdienste bewertet. Auch auf Verbindungen zwischen Neonazis in Hamburg und dem NSU geht der Senat ein. Mehr als 40 Personen habe die Behörde überprüft. „Es ergaben sich jedoch dabei keine Hinweise auf direkte, persönliche Kontakte“, heißt es. Die Linkspartei unterstützt die Forderung nach einem Untersuchungsausschuss. Lange habe der Senat Kontakte zwischen Hamburger Neonazis und NSU kategorisch bestritten. „Doch solche Kontakte gab es“, sagt Innenexpertin Christiane Schneider. Der CDU-Innenexperte Kai Voet van Vormizeele lobt dagegen das Aufklärungsbemühen des Senats. Der Bericht habe „eine ungewöhnlich hohe Intensität“. Er sehe keinen Anlass, in Hamburg einen Ausschuss einzurichten.