Berlin. Zum Auftakt der Mai-Steuerschätzung dämpft die Bundesregierung Hoffnungen auf eine Entlastung der Bürger. Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) sagte, er kenne keinen Plan von Finanzminister Wolfgang Schäuble, den Steuerzahlern wegen der kalten Progression 2016 drei Milliarden Euro zurückzugeben. Darüber hatte der „Spiegel“ berichtet. Nach Erwartungen in der Koalition dürfte die Steuerschätzung, die am heutigen Dienstag in Berlin beginnt, der Bundesregierung in diesem Jahr nur kleine finanzielle Spielräume eröffnen. Von den bis 2018 erwarteten Mehreinnahmen hat sie außerdem einen Großteil verplant.

Der amtliche Arbeitskreis Steuerschätzung kommt jeweils im Mai und November zusammen, um die Einnahmen von Bund, Ländern, Kommunen und EU vorherzusagen. Wegen der Konjunkturlage wird erwartet, dass die Experten der Finanzministerien von Bund und Ländern, der Bundesbank, des Statistischen Bundesamtes und von Forschungsinstituten ihre Einnahmeerwartung hochschrauben. Das Ergebnis der Frühjahrsprognose soll am Donnerstag vorliegen. Dem „Spiegel“ zufolge geht das Finanzministerium für den Gesamtstaat bis 2018 von rund 40 Milliarden Euro höheren Einnahmen aus.

Der Trend hatte vor allem bei Wirtschaftspolitikern in der Union Erwartungen geweckt, die Regierung werde in dieser Wahlperiode doch eine Korrektur der kalten Progression auf den Weg bringen. Damit ist der Effekt gemeint, dass die Steuerbelastung von Arbeitnehmern auch dann steigt, wenn sie nur zum Inflationsausgleich eine Lohnerhöhung bekommen. Dem Staat bringt das jährlich rund drei Milliarden Euro mehr ein. Entscheidend wird aber sein, welche Prioritäten die Koalition setzen wird. So sagte der Chefhaushälter der Unionsfraktion, Norbert Barthle: „Für dieses Jahr rechne ich nicht mit deutlichen Steuermehreinnahmen.“ Wenn Spielräume entstünden, hätten die Absenkung der Neuverschuldung und zusätzliche Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur Vorrang. „Das haben die Haushälter der Koalition auch so vereinbart.“