Wegen hoher Preise können immer mehr Geringverdiener ihre Stromrechnungen nicht bezahlen

Berlin. Immer mehr Menschen in Deutschland können ihre Stromrechnungen nicht mehr bezahlen – und bekommen deshalb den Strom abgedreht. Im Jahr 2012 haben Energieversorger 321.539 Bürgern wegen Zahlungsrückständen die Elektrizitätsversorgung abgestellt – drei Prozent mehr als im Vorjahr. 2011 hatte es 312.000 sogenannter Stromsperren gegeben. Dies geht aus einer Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der Linkspartei hervor. „Jede Stromsperre ist eine zu viel. Es ist absolut unverhältnismäßig, dass Familien wegen ein paar Euro im Dunkeln sitzen müssen“, kritisierte Caren Lay, Fraktionsvize der Linken im Bundestag. „Die Zahlen zeigen, dass Energiearmut wächst“, sagt der Präsident des Sozialverbandes SoVD, Adolf Bauer.

Als ein Grund für den Anstieg der Stromsperren gilt der rasche Ausbau der erneuerbaren Energien. Der Ausbau von Solar- und Windenergie nach der Atomkatastrophe in Fukushima 2011 hat zu deutlich höheren Strompreisen geführt. Die Haushaltsstrompreise in Deutschland liegen weit über dem EU-Durchschnitt. Laut Verbraucherschutzverbänden kämpfen zehn bis 15 Prozent der Bevölkerung damit, ihre Energiekosten zu finanzieren. Besonders betroffen sind Menschen, die wenig Geld haben, aber relativ viel Zeit zu Hause verbringen, etwa Hartz-IV-Empfänger, Rentner oder Studierende. Dadurch fällt ihr Energieverbrauch höher aus. Gleichzeitig können sie sich aber keine effizienteren Geräte leisten.

Derzeit können Energieversorger einem Kunden den Strom abdrehen, wenn dieser seine Rechnung nicht bezahlt und der ausstehende Betrag mindestens 100 Euro beträgt. Allerdings muss der säumige Energiekunde zunächst eine Mahnung erhalten. Die Stromsperre darf frühestens vier Wochen nach der Sperrankündigung erfolgen. Drei Werktage vor der beabsichtigten Stromsperre ist darüber hinaus eine weitere Ankündigung notwendig.