CDU und CSU wollen Zwangsprostitution bekämpfen: Mindestalter von 21 und Kontrollen

Hamburg/Berlin. An wenigen Orten ist Sex so billig zu haben wie in St.Georg. Prostituierte aus Osteuropa müssen für 30 Euro die Stunde anschaffen, beschreibt der Hamburger Autor Michael Jürgs in seinem aktuellen Buch „Sklavenmarkt Europa“. Seit 2002 gilt in Deutschland eines der liberalsten Prostitutionsgesetze weltweit. Doch das will die Union nun ändern. CDU und CSU legten ein Papier für die von der Koalition vereinbarte Reform des Prostitutionsgesetzes von 2001 vor.

Das Paket sieht schärfere Strafen für Freier vor, die die Lage von Zwangsprostituierten ausnutzen, sowie mehr Kontrollen von Bordellen. Für Prostituierte plant die Union eine Mindestaltersgrenze von 21 Jahren, eine Anmeldepflicht, regelmäßige Gesundheitsuntersuchungen und mehr Beratungsangebote. Wenn Opfer aus Drittländern am Strafverfahren gegen Menschenhändler mitwirken, sollen sie ein besseres Aufenthaltsrecht erhalten. Zudem sollen menschenunwürdige Praktiken wie Flatrate-Bordelle verboten werden, bei denen dem Freier für einen Festpreis nicht nur unbegrenzt Getränke, sondern auch Sex angeboten wird.

„Es ist beschämend: Deutschland ist das Paradies für Zuhälter und Menschenhändler“, sagt der Hamburger Bundestagsabgeordnete Marcus Weinberg dem Abendblatt. Er leitet die Arbeitsgruppe der Union zur Frauen- und Familienpolitik. Laut Anfrage von den Grünen gibt es in Hamburg rund 2500 Prostituierte. Die eigentliche Zahl dürfte aber höher liegen. 2012 hat es genau 24 strafrechtliche Verfahren im Zusammenhang mit Zwangsprostitution und Menschenhandel gegeben. Dies ist nach Schätzungen des Landeskriminalamtes aber nur ein Bruchteil der tatsächlichen, aber nie angezeigten Fälle.

2002 reformierten SPD und Grüne das Prostitutionsgesetz. Es verbesserte die soziale und rechtliche Stellung von Prostituierten, das Gewerbe wurde nicht länger als sittenwidrig erachtet. In einem Bordell angestellte Frauen sind sozialversicherungspflichtig. Das Verbot der Zuhälterei wurde gelockert. Die Ausbeutung von Prostituierten und die Prostitution von Minderjährigen sind aber weiterhin verboten. „Der damalige rot-grüne Wunsch von freier Sexarbeit wird überschattet von Ausbeutung und Zwangsprostitution, insbesondere von Frauen und Mädchen aus Südosteuropa“, sagte CDU-Mann Weinberg. Auch der Hamburger Autor Jürgs kritisierte die rot-grüne Liberalisierung. Das Gesetz habe das Gewerbe aus der Schmuddelecke befreien wollen, „aber es hat das Gegenteil bewirkt. Der Großbordellbesitzer kann die Frauen jetzt wie selbstständige Unternehmerinnen behandeln. Er kann sagen, ich biete ja nur die Räumlichkeiten und habe mit dem Rest nichts zu tun. Und die Polizei hat keine Möglichkeit mehr.“

Union und SPD hatten sich bei den Koalitionsverhandlungen im Herbst auf eine Reform des Prostitutionsgesetzes verständigt. Den Hamburger Grünen reichen die Pläne nicht. Sie fordern eine Erlaubnispflicht für Bordelle einzuführen. Ab einer bestimmten Größe müssten die Etablissements als Gewerbebetriebe eingestuft werden. Der Europarat hat gestern die Regierungen in Europa zu mehr Engagement gegen Sexsklaverei und Prostitution ermahnt. Opfer sind jedes Jahr bis zu 140.000 Menschen in Europa – mehr als 80 Prozent von ihnen Frauen, die zur Sexarbeit gezwungen werden.