Langzeitarbeitslose bekommen zunächst keine 8,50 Euro. Ausnahmen für Praktikanten ausgeweitet

Berlin. Einen Tag vor der Beratung im Bundeskabinett hat Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) ihren Gesetzentwurf zum geplanten Mindestlohn von 8,50 Euro in wichtigen Punkten nachgebessert: Langzeitarbeitslose sollen in den ersten sechs Monaten nach der Aufnahme einer neuen Beschäftigung generell ausgenommen bleiben. Leichte Änderungen gibt es auch beim Mindestlohn für Praktikanten. Mit diesen Zugeständnissen ging Nahles auf Kritiker in der Union und in der Wirtschaft zu, die auch ein höheres Mindestalter für den Mindestlohn gefordert hatten. In dieser zentralen Frage zeigte sich Nahles aber unnachgiebig. Die Altersgrenze bleibt im Gesetzentwurf bei 18 Jahren.

Offenbar hatte das Bundeskanzleramt bis zuletzt Änderungswünsche. Im Arbeitsministerium hieß es, dabei gehe es aber lediglich um „Detailfragen“. Wirtschaftsverbände und Gewerkschaften machten einen Tag vor der Kabinettsbefassung noch einmal Druck. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) startete eine Kampagne unter dem Motto „Mindestlohn für alle, jetzt“. Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Eric Schweitzer, appellierte an die Bundesregierung, junge Leute bis zum 25. Lebensjahr vom Mindestlohn auszunehmen, Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer forderte erneut Ausnahmen für Praktikanten.

Nahles hatte stets verkündet, vom flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro die Stunde werde es keine Ausnahmen geben – mit ihrem Gesetzentwurf war sie den Forderungen der Wirtschaft aber bereits ein Stück weit entgegengekommen. Zwar sieht er keine Ausnahmen für bestimmte Branchen oder Berufsgruppen vor, wie etwa Taxifahrer, Zeitungsausträger oder Saisonarbeiter. Dafür gibt es aber Sonderregelungen für Jugendliche bis 18 Jahren, für Langzeitarbeitslose und auch für Praktikanten. Nahles Gesetzentwurf sah ursprünglich vor, dass für freiwillige Praktika, die länger als vier Wochen dauern, 8,50 Euro in der Stunde gezahlt werden müssen. Nun wird die Zeitspanne ohne Mindestlohn auf sechs Wochen verlängert. Noch größer waren die Differenzen bei Ausnahmen für junge Arbeitnehmer, die keinen Beruf erlernt haben. Der Gesetzentwurf nimmt Jugendliche bis 18 Jahren vom Mindestlohn aus. „Damit wird sichergestellt, dass der Mindestlohn keinen Anreiz setzt, zugunsten einer mit dem Mindestlohn vergüteten Beschäftigung auf eine Berufsausbildung zu verzichten“, heißt es zur Begründung. „Das Alter der Ausbildungsanfänger beträgt durchschnittlich 19,8 Jahre“, hält Arbeitgeberchef Kramer dagegen. Zumindest junge Leute bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres müssten deshalb ausgenommen werden. Der DIHK plädiert sogar für 25 Jahre. Damit konnte er sich aber nicht durchsetzen.

Dafür gab Nahles bei der Regelung für Langzeitarbeitslose nach. Ursprünglich sollten sie in den ersten sechs Monaten einer neuen Tätigkeit keinen Mindestlohn bekommen, aber nur, wenn zugleich eine Lohnsubvention der Arbeitsagentur an den Arbeitgeber bezahlt wird. In der Ressortabstimmung verzichtete sie nun auf diese Bedingung. Insgesamt fanden im vergangenen Jahr etwa 180.000 Langzeitarbeitslose einen Job. Nur für einen Bruchteil flossen jedoch Lohnkostenzuschüsse. Nahles begründete den Kompromiss damit, dass sich die Chancen von Langzeitarbeitslosen zur Rückkehr in den Arbeitsmarkt nicht verschlechtern sollten.