Die Kommunalwahl in Bayern zwingt Seehofers Partei zu einer Grundsatzdebatte

München. Bayern hat seine Bürgermeister und Landräte gewählt. Ja mei, könnte man in Berlin denken. Was kümmert es die Große Koalition, wer in Regensburg, in Miesbach, in Erlangen nun zu den Honoratioren gehört. Aber die Kommunalwahl in Bayern dürfte Auswirkungen haben. Der CSU sei Dank. Denn für die Partei stellt sich jetzt die Frage, für wen sie Politik machen will: die Bevölkerung auf dem Land, die ihre Kandidaten gewählt hat, oder die Bewohner der Städte mit über 100.000 Einwohnern, die sich meist für die Konkurrenz von der SPD entschieden haben.

Schon nach dem ersten Wahlgang vor zwei Wochen gab es für die CSU unangenehme Nachrichten. Die Partei blieb, rechnet man alle Mandate in den Städten, Gemeinden und Kreisen zusammen, knapp unter 40 Prozent. Das war schmerzlich. Ist letztlich aber nur eine Zahl. Dagegen ist der Befund, dass sie in den großen bayerischen Städten keine Kandidaten mehr aufbieten kann, die die Menschen überzeugen, weit schlimmer. So hat die CSU München nicht gewinnen können, sie hat Regensburg an die SPD verloren, in Erlangen siegte ein 34 Jahre alter Sozialdemokrat über den CSU-Bürgermeister. Schon vor zwei Wochen verteidigte die SPD Nürnberg, Passau, Fürth. Von den fünf wichtigsten OB-Stichwahlen gewann nur in Würzburg der von der CSU unterstützte Hesse Christian Schuchardt. Er wird der erste CDU-Bürgermeister einer bayerischen Großstadt.

Anders das Bild auf dem Land. Dort gewann die CSU in 14 von 18 Kreisen die Stichwahlen. In Oberbayern gibt es keinen SPD-regierten Landkreis mehr, dafür einen, der von den Grünen geführt wird (Miesbach). Die Verlandung der CSU bedeutet für die Große Koalition, dass Seehofer bei seiner Strategie bleiben wird, ja sie noch verstärken dürfte: Jeder einzelne Land-Bewohner ist ihm näher als ganze Stadtteile. So hatte er sich vor der Kommunalwahl vor allem mit dem Thema Stromtrassenbau hervorgetan. Er hat die Bürgerinitiativen hofiert, die in ländlichen Regionen operieren. Auch die Sätze zum angeblichen vielfachen Sozialmissbrauch durch Asylbewerber zielten auf die kleinen Kommunen, wo Kämmerern und Bürgern jeder Ausländer auffällt.

Die Verlandung ist für die CSU gefährlich. In Bayern ist der Unterschied zwischen Stadt und Land in den Lebensweisen heute weit geringer als noch vor 30 Jahren. Mit Zeitversatz kommt auf dem Land an, was in der Stadt üblich ist. Die CSU selbst sorgt ja mit ihrer Infrastrukturpolitik für ein Zusammenwachsen der Sphären. Die Distanzen schwinden. Die Distanz der CSU zu den Städten nimmt dagegen zu.