Bernd Lucke, Professor aus Hamburg, dringt beim Bundesparteitag mit seinen Leitlinien nicht durch

Erfurt. Zwei Monate vor der Europawahl hat die Basis der Alternative für Deutschland (AfD) ihrer Parteiführung die Grenzen aufgezeigt. Nach heftiger Kritik auf dem Parteitag in Erfurt zog Parteichef Bernd Lucke, Professor an der Uni Hamburg, am Sonnabend den Antrag für eine neue Führungsstruktur zurück. Am Sonntag scheiterte er mit dem Versuch, politische Leitlinien für die AfD verabschieden zu lassen. Einig zeigte sich die Basis in Bezug auf das Programm zur Europawahl.

In einer erregten Debatte hatten Delegierte zu Beginn der Parteiführung autokratisches Verhalten und eine Schwächung der innerparteilichen Demokratie vorgeworfen. Lucke begründete das Zurückziehen der umstrittenen Führungsreform damit, dass der Entwurf den rund 1000 Delegierten erst am Vortag zugestellt worden sei: „Ich bin selbst unglücklich über das Verfahren.“ Der Satzungsantrag solle zu einem späteren Zeitpunkt beraten werden.

Sonntag lehnte der Parteitag die Debatte über einen von Lucke vorgelegten Entwurf ab, der bis zur Verabschiedung eines Grundsatzprogramms die Leitlinien der AfD festschreiben sollte. Auch hier fühlten sich viele Delegierte von der kurzfristigen Vorlage überrumpelt. „Das ist keine demokratische Diskussionskultur“, rief ein Delegierter. Lucke warf einzelnen Parteitagsteilnehmern vor, sich in der Debatte „nicht demokratisch zu verhalten“. Die Leitlinien sollen nun im Internet diskutiert und verabschiedet werden.

Lucke rief die Basis auf, sich auf eine neue Umgangsform zu besinnen. „Wenn wir dazu finden könnten, dass die Umgangsformen bei uns ein bisschen weniger pseudorevolutionär werden, dann würde ich mich sehr freuen.“ Luckes Pläne für die Führungsreform hatten vorgesehen, dass anstelle der Spitze aus drei gleichberechtigten Vorstandssprechern nur noch ein Parteivorsitzender die AfD führen soll. Die künftige Spitze sollte Vorstandsmitglieder absetzen oder ganze Gebietsverbände der AfD auflösen können, wenn sie einen Verstoß gegen die Satzung sieht.

Mit dem Ausbau ihrer Durchgriffsrechte auf die Partei wollte die AfD-Spitze auf die heftigen internen Querelen reagieren, die mehrere Landesverbände lähmen. Ihre Bereitschaft zum internen Konflikt demonstrierte die AfD auch auf dem Bundesparteitag. In zum Teil emotional geführten Debatten gab es immer wieder gegenseitige Schuldzuweisungen, eine Vielzahl von Geschäftsordnungsanträgen brachte die Parteitagsregie durcheinander.

Lucke bemühte sich, die AfD von rechtsextremen Kräften abzugrenzen: Es sei „unanständig“, dass die Medien seine Partei „in eine Nähe zum Rechtsextremismus rücken“. Mit großer Mehrheit verabschiedet wurde ein Programm für die Europawahl, das eine radikale Abkehr von der bisherigen Politik vorsieht. Die AfD plädiert darin für einen „geplanten und geordneten Ausstieg aus dem Einheitseuro“.