Ein neues Referat soll künftig Akten durchforsten und Angestellte befragen dürfen

Berlin. Die parlamentarische Kontrolle über die deutschen Nachrichtendienste soll verstärkt werden. Darauf haben sich die Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKGr) des Bundestages geeinigt. Nach Angaben des Vorsitzenden des Gremiums, Clemens Binninger (CDU), soll nach einer Änderung der Geschäftsordnung ein neues Referat mit fünf bis acht Mitarbeitern gegründet werden, die im Auftrag des PKGr vor Ort bei den Nachrichtendiensten Unterlagen einsehen oder Befragungen vornehmen können. „Damit beseitigen wir die größten Schwachstellen“, erklärte Binninger. Einen eigenen Sonderbeauftragten für die Nachrichtendienste werde es jedoch nicht geben.

Das PKGr soll mit dem Bundesnachrichtendienst (BND), dem Militärischen Abschirmdienst (MAD) und dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) die Nachrichtendienste des Bundes kontrollieren. Das Gremium erlangte zuletzt in der Affäre um die Spähaktivitäten der NSA Aufmerksamkeit, als die Parlamentarier die Zusammenarbeit der deutschen und amerikanischen Dienste kritisch hinterfragten. Auch in der NSU-Affäre spielte der Verfassungsschutz keine glückliche Rolle.

„Wir brauchen die Nachrichtendienste“, sagte der CDU-Innenexperte, der in der vergangenen Legislaturperiode Obmann im NSU-Untersuchungsausschuss war. Die Dienste müssten aber auch gut kontrolliert werden. „Nur dann bin ich in der Lage, mich schützend vor sie zu stellen, wenn dies der Fall sein muss.“

Burkhard Lischka, SPD-Obmann im Gremium und rechtspolitischer Sprecher seiner Bundestagsfraktion, erklärte: „Ich hoffe, dass wir die Schlagkraft des Gremiums insgesamt erhöhen.“ Lischkas Angaben zufolge soll auch die Unterrichtungspflichten der Bundesregierung gegenüber dem PKGr strenger werden. „Wir wollen umfassend über relevante Vorgänge unterrichtet werden“, sagte der SPD-Politiker. Er wollte sich zu Details aber nicht äußern. Aber es ist wohl vorgesehen, dass die Regierung künftig über alle Tagesordnungspunkte berichten muss, die auch bei der wöchentlichen Besprechung zur nachrichtendienstlichen Lage im Kanzleramt auf den Tisch kommen. Binninger betonte, gesetzliche Änderungen seien nicht geplant. Lischka versicherte aber: „Das ist nicht das Ende der Fahnenstange.“ Wenn sich die Erwartungen an die Auskünfte der Regierung nicht erfüllten, sei über Gesetzesänderungen nachzudenken.

Der Linke-Politiker André Hahn hätte diesen Schritt schon jetzt für sinnvoll gehalten – und nicht nur Änderungen in der Geschäftsordnung. Er sagte, wichtig wäre etwa, im Gesetz die Auskunftspflichten der Regierung genauer zu fassen. Was er sich außerdem gewünscht hätte: Tonbandmitschnitte der kompletten Sitzungen und eine jährliche öffentliche Befragung der Nachrichtendienstchefs nach US-Vorbild.

Man habe sich zudem darauf geeinigt, die Minderheitenrechte der kleinen Fraktion im Gremium zu stärken. „Nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre war klar, dass einiges zu verbessern ist“, sagte Lischka weiter. Unter anderem sei es nun möglich, Tonbandaufzeichnungen anzufertigen. Zukünftig will das Gremium zudem jährlich einen Bericht über die Arbeit beschließen, für den die einzelnen Parteien auch Sondervoten abgeben können. Veröffentlicht werde dieser Bericht allerdings nicht, erklärte Binninger. Zum einen wäre dafür eine Gesetzesänderung notwendig. Zum anderen dürfe der Auftrag des Gremiums nicht außer Acht gelassen werden. „Der Hauptschwerpunkt unserer Arbeit wird im Geheimen bleiben müssen.“