Liberale flüchten aus der euroskeptischen Partei, jetzt kapitulierte auch die Pressesprecherin

Berlin. Mit 16 Zeilen besiegelt Franz Niggemann das Ende einer kurzen, aber heftigen Liaison mit der Politik. Seine Austrittserklärung an die Alternative für Deutschland (AfD) ist das Resultat enttäuschter Hoffnungen und Erfahrungen mit einem religiösen Dogmatismus, wie Niggemann sagt, und den er in dieser Partei nicht erwartet hätte. „Die gegenwärtig eingeschlagene Richtung der Partei, die nach meiner Auffassung insbesondere durch Frau von Storch repräsentiert wird, will und kann ich nicht mittragen!“, schrieb Niggemann zu Beginn des Jahres.

Die angesprochene Beatrix von Storch ist aktuell Europakandidatin der AfD und eine einflussreiche Netzwerkerin. „Für mich gibt es nur den Gegensatz zwischen frei und unfrei. Die AfD war angetreten, eine undogmatische, tolerante und nicht ideologiebefrachtete Partei und Alternative zu sein. Leider hat sie dieses Versprechen nicht erfüllt; die AfD geht den Weg in die Unfreiheit von rechts, mit starken Tendenzen, Randgruppen zu diskriminieren“, moniert Niggemann. Sein Austritt kam überraschend, da er erst im Dezember 2013 zum Vorsitzenden des Berliner Bezirksverbands Tempelhof-Schöneberg gewählt worden war. Er gehörte zu den Liberalen in der Partei, die seit Längerem mit der Entwicklung der AfD hadern und sich vor einiger Zeit nach erbitterten Auseinandersetzungen mit dem national-konservativen Flügel über den Islam und gleichgeschlechtliche Partnerschaften zu den „Kolibris“ zusammengeschlossen hatten.

Federführend war Dagmar Metzger, Pressesprecherin und kooptiertes Mitglied im Bundesvorstand. Sie war von Anfang an mit dabei, hatte Bernd Lucke als Vorsitzenden aufgebaut und über ihre Münchner Kommunikationsagentur sämtliche Parteitage organisiert. Über sie erhielt die AfD wichtige Kontakte in die Wirtschaft. Metzger wünschte sich eine Rückbesinnung auf das Kernthema: die Kritik am Euro. Offenbar ist dieser Wunsch nicht erfüllt worden, denn nun warf auch sie das Handtuch und legte beide Bundesmandate nieder. Sie werde sich nun ganz einer von ihr ins Leben gerufenen Stiftung widmen. „Ich freue mich auf die Stiftungsarbeit“, sagte Metzger. Mit der Stiftung werde sie sich auf das Kernthema konzentrieren „und Gruppen unterstützen, die Euro-kritisch sind“.

Metzger und Niggemann verstehen sich gut. Beide eint die Vorstellung von einer freien Gesellschaft, die Minderheitenrechte wahrt, in der kulturelle Vielfalt selbstverständlich und für Chauvinismus kein Platz ist. Für diese Werte steht die AfD ihrer Ansicht nach nicht mehr.