Berlin. Die Einführung des gesetzlichen Mindestlohnes von 8,50 Euro ab 2015 steht fest – zumindest im Koalitionsvertrag. Unklar aber ist, welche Ausnahmen der Gesetzgeber zulassen wird, um negative Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt möglichst zu verhindern. Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles will ihren Gesetzentwurf noch im März fertigstellen. In einem Brief forderte sie die Wirtschaftsverbände auf, bis kommenden Freitag ihre Bedenken und Vorschläge vorzulegen.

Der CDU-Wirtschaftsflügel, die CSU und die Wirtschaft drängen auf weitreichende Sonderregeln etwa für Langzeitarbeitslose, Rentner, ungelernte Berufseinsteiger oder Praktikanten. Verfassungsrechtlich seien Ausnahmen für all diese und weitere Personengruppen zulässig, heißt es in einem von der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) in Auftrag gegebenen Rechtsgutachten. Wie der Staatsrechtler der Universität Heidelberg, Bernd Grzeszick, darin ausführt, stellen solche Ausnahmen keinen Verstoß gegen den im Grundgesetz verankerten Gleichheitsgrundsatz dar. Denn die geforderten Sonderregeln setzten eben nicht an Personenmerkmalen an, sondern an Typisierungen, und seien sachlich begründbar. Für die Wirtschaft ist das Gutachten eine wichtige Schützenhilfe bei ihrer Argumentation für Ausnahmen beim Mindestlohn. Schließlich hatten die Verfechter eines lückenlosen Mindestlohns nicht zuletzt verfassungsrechtliche Hürden als Argument ins Feld geführt.

Der DGB-Vorsitzende Michael Sommer wirft dagegen der Wirtschaft vor, sie wolle den Kompromiss der Großen Koalition zum Mindestlohn „kaputtschießen“. Die Gewerkschaften seien jedoch nicht bereit, „irgendeine Aufweichung des Mindestlohns mitzumachen“, sagte der DGB-Chef der „Westdeutschen Allgemeinen Zeitung“. Der DGB will eine neue Kampagne zum Mindestlohn starten.