Der Staat könnte bis 2017 rund 40 Milliarden Euro mehr einnehmen

Berlin. Wenn es um Mehrausgaben geht, kennt der Einfallsreichtum vieler Minister keine Grenzen. Und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) keine Gnade. Nicht einen Cent mehr Spielraum als die geplanten 23 Milliarden Mehrausgaben gibt es, das hat Schäuble seinen Kabinettsmitgliedern zuletzt immer wieder ins Stammbuch geschrieben. Schließlich soll das über allem schwebende Projekt von Schwarz-Rot, der erste ausgeglichene Haushalt seit 40 Jahren und die deutliche Rückführung der Schuldenquote bis 2017, nicht gefährdet werden.

Bislang schien es, als könnte Schäuble diese Ziele nur mit Ach und Krach erreichen. Doch Schäuble ist ein Politfuchs. Deshalb hat er bei der Steuerschätzung im vergangenen Herbst größtmögliche Vorsicht walten lassen. Etwas böser formuliert es Schleswig-Holsteins Finanzministerin Monika Heinold (Grüne): „Es war ziemlich offensichtlich, dass sich der Kollege Schäuble armgerechnet hat, um die Begehrlichkeiten während der Koalitionsverhandlungen nicht in den Himmel wachsen zu lassen.“

Die Bundesregierung glaubte an 3,3 Prozent Wachstum für 2014

Denn wenn es mit der Wirtschaft halbwegs so weiterläuft, wie es die meisten Ökonomen erwarten, wird es Schäuble an Einnahmen nicht fehlen. Bis 2017 könnte der Staat 40 Milliarden Euro mehr einnehmen als bei der letzten Steuerschätzung veranschlagt. Dies geht aus Kalkulationen des Kieler Finanzwissenschaftlers Alfred Boss und eines Länder-Finanzministeriums hervor. „Ich gewinne immer mehr den Eindruck, als ob es bei den Steuereinnahmen mittelfristig nennenswert nach oben geht“, sagt Boss.

Die letzte Steuerschätzung im vergangenen November fiel mitten in die Koalitionsverhandlungen. Die Wunschlisten der Arbeitsgruppen von Union und SPD waren lang und wurden immer länger. Auf über 40 Milliarden Euro summierten sich die Ausgabenwünsche zwischenzeitlich. In dieser Gefechtslage hatte Schäuble kein Interesse daran, den Eindruck zu erwecken, er hätte zu viel Geld übrig. Das hätte die Ausgabengelüste der Unterhändler nur noch mehr gesteigert. Der Expertengruppe, die damals die Steuerschätzung vornahm, gab er als Basis für ihre Berechnungen deshalb eine relativ pessimistische Wachstumsprognose mit in die Sitzung: Die Bundesregierung glaubte an 3,3 Prozent Wachstum für 2014. Auch für die Jahre 2015 bis 2017 war die Regierung mit drei Prozent relativ pessimistisch. Entsprechend moderat fiel der prognostizierte Anstieg der Steuereinnahmen aus. „Wir können uns keine großen Sprünge leisten“, sagte Schäuble nach der Steuerschätzung im Herbst.