Neue Bundesbeauftragte Andrea Voßhoff befürwortet Vorratsdatenspeicherung und Internetsperren

Berlin. Am Anfang stand ein Schlussstrich. Kaum war Andrea Voßhoff am 19. Dezember als Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit vom Bundestag gewählt, löschte sie alle ihre Profile in den sozialen Netzwerken. Auch ihre private Homepage im Internet ist bis heute nicht wieder erreichbar. Was durchaus als eine erste distanzierende Botschaft der 55-jährigen CDU-Bundestagsabgeordneten an die digitale Gemeinde hätte verstanden werden können, war aber keine. Es gelte lediglich, das Amt der Bundesbeauftragten als „unabhängige und parteipolitisch neutrale Funktion klar von den privaten Profilen abzugrenzen“, erklärte die studierte Juristin. Ihren Auftritt beim Kurzbotschaftendienst Twitter und bei Facebook habe nun mal vor allem Wahlkampfzwecken gedient.

Trotz aller netztechnischen Abstinenz tritt Voßhoff nicht als unbeschriebenes Blatt in ihr Amt, in dass sie am Dienstag als erste Frau von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) feierlich eingeführt wurde. Auch wenn sie sich bislang über zukünftige Arbeitsschwerpunkte und ihr Amtsverständnis weitgehend ausgeschwiegen hatte und ihre ersten Äußerungen, die „Struktur der Rechtsstellung des Bundesamtes zu überdenken“ am Dienstag noch reichlich wage klangen. Als weitere wichtige Aufgabe im neuen Amt nannte Voßhoff mehr Bürgernähe ihrer Dienststelle. So werde in naher Zukunft der Ausbau des Internet-Angebots der Bundesdatenschutzbehörde fertig sein.

Vorratsdatenspeicherung, Internetsperren, Online-Durchsuchung, das ACTA-Abkommen (Anti-Produktpiraterie-Handelsabkommen), Zugangserschwerungsgesetz – alles datenschutzrechtlich und netzpolitisch höchst umstrittene Gesetzesvorhaben unionsgeführter Bundesregierungen – wurden mit ihrer Stimme von der Unionsfraktion im Bundestag verabschiedet. Kein Wunder, dass die Opposition und viele Datenschützer ihre Ernennung lautstark kritisierten. Im deutlichen Kontrast erscheint Voßhoff im Vergleich zu ihrem noch unter Rot-Grün berufenen Vorgänger, dem international vernetzten und erfahrenen Datenschutzexperten Peter Schaar. Der hatte sich nicht nur im Zusammenhang mit der NSA-Affäre immer wieder mit deutlichen Worten der Kritik an der CDU-geführten Bundesregierung zu Wort gemeldet.

Andrea Voßhoff, seit 1986 CDU-Mitglied, führte von 1996 bis 2000 die brandenburgische Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung (MIZ) der Partei in Brandenburg. Außerdem war sie von 1999 bis 2005 auch stellvertretende Landesvorsitzende der CDU Brandenburg. Sie stammt aus einer emsländischen Schifferfamilie und zog 1991 nach Rathenow, wo sie im Notarbüro ihres Ehemannes als Bürovorsteherin arbeitete. 1998 zog sie über die Liste erstmals in den Bundestag ein und wurde Mitglied des Rechtsausschusses und im April 2010 rechtspolitische Sprecherin der Unionsfraktion. Im vergangenen September verpasste sie knapp den Wiedereinzug in den Bundestag.

Die Wahlbrandenburgerin steht mit ihrer neuen Aufgabe vor der größten politischen Herausforderung ihrer bisherigen Karriere, soviel kann man sagen. Und das mitten in der größten globalen Datenschutz- und Geheimdienstaffäre der jüngeren Geschichte.