Berlin. Bundespräsident Joachim Gauck hat mehr wirtschaftlichen Wettbewerb und Eigeninitiative gefordert, aber auch mehr Chancengleichheit angemahnt. Vorbehalten gegen Marktwirtschaft und Liberalismus müsse entgegengetreten werden, denn freier Markt und freier Wettbewerb seien die Eckpfeiler der Demokratie, sagte Gauck am Donnerstag in Freiburg. „Freiheit in der Gesellschaft und Freiheit in der Wirtschaft gehören zusammen.“ Gauck rief die Deutschen auf, mehr Mut zum Wettbewerb zu haben. „Ungerechtigkeit gedeiht nämlich gerade dort, wo Wettbewerb eingeschränkt wird, durch Protektionismus, Korruption oder staatlich verfügte Rücksichtnahme auf Einzelinteressen“, sagte Gauck zum 60-jährigen Bestehen des Walter-Eucken-Instituts in Freiburg. Walter Eucken (1891–1950) gilt als einer der Väter der Sozialen Marktwirtschaft.

„Nicht weniger, wohl aber besser gestalteter Wettbewerb macht unsere Marktwirtschaft gerechter“, meinte Gauck in seiner wirtschaftspolitischen Grundsatzrede. Gelinge dies, aktiviere der Wettbewerb jeden Einzelnen, beziehe ihn ein und lasse ihn teilhaben. Gauck beklagte, dass der Begriff Neoliberalismus in Deutschland so negativ besetzt sei, obwohl sich dieser doch gegen den „Laissez faire“-Kapitalismus des 19. Jahrhunderts wende. „Ich wünsche mir mehr intellektuelle Redlichkeit – und auch etwas mehr historisches Bewusstsein und Anerkennung für das breite Spektrum des Liberalismus“. Allerdings gebe es nach wie vor viele Ordnungsaufgaben des Staates, etwa bei der Regulierung von Banken und Finanzmärkten. Viele Deutsche hielten die Marktwirtschaft nicht für gerecht, sondern beklagten „Gier und Rücksichtslosigkeit“, sagte Gauck. „Darum ist es wichtig dafür zu sorgen, dass Wettbewerb nicht einigen wenigen Mächtigen nutzt, sondern vielen Menschen Chancen bietet.“ Voraussetzungen für Chancengleichheit müssten durch den Staat geschaffen werden. Er müsse auch verhindern, dass die wirtschaftliche Macht Einzelner zu groß werde.