Plan der Finanzminister: Bei Selbstanzeige zehn Jahre offenlegen

Berlin. Die deutschen Finanzminister wollen Steuerbetrügern das Leben deutlich schwerer machen. Sie planen deshalb, die Bedingungen für eine strafbefreiende Selbstanzeige kräftig zu verschärfen. Geprüft wird auf der Fachebene gerade, die Offenlegungspflicht deutlich zu erweitern. Bislang müssen Steuersünder fünf Jahre rückwirkend ihre gesamten Einnahmen offenlegen, damit die Selbstanzeige sie vor der fälligen Strafe bewahrt. Künftig, so die Überlegung, könnte diese Frist auf zehn Jahre ausgedehnt werden.

Für viele der Betroffenen wäre das ein Riesenproblem. Zwar gilt auch jetzt schon im Steuerrecht eine Verjährungsfrist von zehn Jahren. Strafrechtlich aber hat es ausgereicht, wenn die Steuerhinterzieher nur den Zeitraum der vergangenen fünf Jahre rückwirkend offenlegten. Danach richteten sich dann die fälligen Steuernachzahlungen. Wird dieser Zeitraum ausgedehnt, dürften in vielen Fällen auch die Zahlungspflichten deutlich steigen.

Noch ist das Ganze allerdings nicht in trockenen Tüchern: „Eine Facharbeitsgruppe, bestehend aus Beamten der obersten Finanzbehörden von Bund und Ländern, hat im Herbst 2013 im Auftrag der Finanzministerkonferenz (FMK) den Entwurf eines Berichts zur Evaluierung der Selbstanzeige erarbeitet“, heißt es im Bundesfinanzministerium. Dieser Bericht solle nun von den Staatssekretären im 1. Quartal 2014 erörtert und anschließend der FMK vorgelegt werden. „In diesem wird unter anderem auch die Möglichkeit erörtert, die Berichtigungspflicht bei Selbstanzeigen auf zehn Jahre auszudehnen.“ Allein die Diskussion über eine weitere Verschärfung der Regeln dürfte auf viele, die ihr Geld heimlich ins Ausland gebracht haben, enormen Druck ausüben. Denn wenn die neuen Regeln erst einmal Gesetz sind, wird es für sie noch schwerer.

Bereits im vergangenen Jahr haben immer mehr mutmaßliche Steuerbetrüger sich den Behörden offenbart. Die Zahl der Selbstanzeigen ist im Jahr 2013 deutlich gestiegen, teilweise hat sie sich sogar mehr als verdreifacht – dies ergab eine Umfrage bei den Finanzministerien der 16 Bundesländer. Insgesamt gingen in Deutschland demnach im vergangenen Jahr rund 25.000 Anzeigen mutmaßlicher Steuerbetrüger bei den Behörden ein, allerdings standen Dezember-Zahlen teilweise noch aus.

Bei einer Selbstanzeige besteht die Möglichkeit, straffrei auszugehen. Allerdings müssen Steuersünder dafür komplett reinen Tisch machen. Prominentester Fall war im vergangenen Jahr der des FC-Bayern-Präsidenten Uli Hoeneß, nach dessen Bekanntwerden im April die Zahl der Selbstbezichtigungen vielerorts in die Höhe schnellte. Allein in Bayern meldeten sich 3973 Bürger, die für Vermögen in der Schweiz keine oder zu wenige Steuern gezahlt hatten. Das war im Vergleich zum Vorjahr fast eine Vervierfachung – 2012 waren nur 1038 Selbstanzeigen gezählt worden. In Baden-Württemberg zeigten sich bis Jahresende 6191 Menschen mit Schwarzgeld in der Schweiz und Liechtenstein selbst an. 2012 waren es 2316 Fälle. In Nordrhein-Westfalen meldeten sich 4509 Steuersünder, nach 1387 im Vorjahr.

In Niedersachsen gingen bis Ende November 2616 Anzeigen ein, nach 1206 Fällen im Gesamtjahr 2012. In Hamburg hat sich die Zahl der Selbstanzeigen mit 637 mehr als verdreifacht. In Berlin meldeten sich bis Jahresende 966 Bürger freiwillig beim Fiskus – 2012 waren es 303 gewesen. In Bremen stieg die Zahl der Fälle von 42 auf 175. Experten gehen davon aus, dass neben dem „Hoeneß-Effekt“ auch das gescheiterte Steuerabkommen mit der Schweiz und Ankäufe von Steuer-CDs zum Anstieg der Selbstanzeigen geführt haben.

In Ostdeutschland ist das Ausmaß der Selbstanzeigen vergleichsweise bescheiden. In Mecklenburg-Vorpommern verdoppelten sie sich gegenüber 2012 auf 21 Fälle. In Sachsen-Anhalt offenbarten sich bis zum 30. November 29 Steuersünder – im Vorjahr wagten nur drei diesen Schritt. In Sachsen gingen bis Ende November 146 Anzeigen ein (2012: 30 Fälle).

Der Steuerexperte der Partei Die Linke, Richard Pitterle, bekräftigte derweil die Forderung seiner Partei nach einem „internationalen automatischen Datenaustausch der Steuerbehörden“. „Zwar klingt die hohe Zahl der Selbstanzeigen mit den daraus resultierenden Steuereinnahmen zunächst gut, doch dem normalen Steuerzahler bleibt dieser Weg verwehrt“, erklärte Pitterle in Berlin.