Union schaut mit Skepsis nach Griechenland. Investoren sehen dagegen auch Anzeichen der Hoffnung

Berlin. Führende Politiker von CDU und CSU haben die anhaltende Reformschwäche Griechenlands kritisiert. Der CDU-Bundestagsabgeordnete und bisherige Vorsitzende des Innenausschusses, Wolfgang Bosbach, geht von einem dritten Hilfspaket für Griechenland im Laufe des Jahres aus. Einen erneuten Schuldenschnitt halte er aber für unwahrscheinlich, denn ein weiterer Forderungsverzicht für private Gläubiger sei beim vorigen Schuldenschnitt bereits ausgeschlossen worden. „Und einen Schuldenschnitt zulasten der Steuerzahler in Gläubigerländern wie Deutschland soll es nach der Zusage der Bundesregierung ausdrücklich nicht geben“, begründete er seine Prognose für ein drittes Hilfspaket.

Bosbach bescheinigte Griechenland „enorme Reformanstrengungen, die auch innenpolitisch sehr umstritten sind“. Er habe auch keinen Zweifel, dass die Regierung in Athen den Willen habe, die Krise zu überwinden. „Die Frage ist aber, ob die griechische Wirtschaft die Stärke und die Wettbewerbsfähigkeit hat, um das Land von der hohen Verschuldung herunterzubringen. Ich fürchte, dass sie das nicht schafft“, so der CDU-Politiker.

Auch der Vorsitzende der CSU-Gruppe im Europäischen Parlament, Markus Ferber, äußerte sich kritisch über die Reformfähigkeit der Griechen. „Ich hoffe, die griechische Regierung weiß, dass sie ihre Reformanstrengungen fortsetzen muss“, sagte Ferber. Griechenland habe nach wie vor Probleme bei Privatisierungen und bei Unternehmensansiedlungen, erklärte er. Er kritisierte, das Land als „noch immer extrem bürokratisch“. Im Laufe des Frühjahrs werde man die Reformschritte überprüfen. „Dann werden wir sehen, ob ein drittes Hilfspaket notwendig wird. Ich will darüber jetzt nicht spekulieren.“

Ferber bescheinigte zugleich Italien und Frankreich, dass sie „momentan absolut reformunfähig“ seien. Beide Länder hofften auf stärkeres Wachstum, um so ihre Probleme zu überwinden, so Ferber. „Aber bis Wachstum und Steuereinnahmen kommen, vergeht Zeit. Was die Herren Letta und Hollande betreiben, ist blauäugig“, kritisierte Ferber. In Italien und Frankreich seien fast 50 Prozent der öffentlichen Personalausgaben Pensionslasten. „Da sind dringende Reformen überfällig, die aber nicht angegangen werden. Dadurch koppeln sich Frankreich und Italien komplett vom europäischen Wirtschaftswachstum ab.“

Es gibt aber auch Hoffnungszeichen aus Griechenland. So konnten etwa Sparer und Anleger rund 25 Prozent verdienen, wenn sie im vergangenen Jahr auf Aktien gesetzt haben. Doch das ist nichts im Vergleich zu einem anderen Investment. Es brachte fast doppelt so viel, genau 47 Prozent. Wer vor einem Jahr darauf setzte, ist jetzt um die Hälfte reicher – und das ausgerechnet mit griechischen Staatsanleihen. Denn die Schuldscheine des Landes liegen im Hinblick auf ihre Kursentwicklung seit 1. Januar 2013 an der Spitze von 34 Anleihe-Märkten weltweit, die im sogenannten Bloomberg World Bond Index enthalten sind. Der Grund: Investoren erkennen für Griechenland allmählich Licht am Ende des schier endlosen Tunnels. „Wir sehen griechische Anleihen konstruktiv”, sagt beispielsweise Elga Bartsch, Chef-Volkswirtin für Europa bei Morgan Stanley. Das Bruttoinlandsprodukt des Landes „sollte sich stabilisieren und dann beginnen zu wachsen“.

Regierungschef Antonis Samaras hatte sogar erst vor wenigen Tagen in einer Fernsehansprache angekündigt, dass sein Land schon in diesem Jahr an die Anleihemärkte zurückkehren werde. Ein weiteres internationales Rettungspaket werde nicht mehr benötigt. Er sprach von einer neuen Welle an Reformen, die 2014 umgesetzt werden sollen. Sie sollen die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit stärken. Griechenland hat zum Jahresanfang turnusmäßig für ein halbes Jahr die EU-Ratspräsidentschaft übernommen.

Auch wenn sich alles auf extrem niedrigem Niveau abspielt, so ist dies doch eine Trendwende. Und Trendwenden werden von den Finanzmärkten meist vorweggenommen. Zudem lässt sich in solchen Perioden stets am meisten Geld verdienen. Insofern ist es nur folgerichtig, dass auf die extrem tiefe Krise Griechenlands nach dem Wendepunkt 2013 extrem hohe Kursgewinne folgten. Die Kurse sind dabei im gleichen Maße gestiegen, wie die Renditen gesunken sind. So lag die Rendite für Anleihen mit zehnjähriger Laufzeit Ende 2012 noch bei 11,9 Prozent. Inzwischen ist die Rendite auf rund 8,5 Prozent gesunken.

Iain Stealey von J.P. Morgan Asset Management verweist in diesem Zusammenhang darauf, dass die Anleihen des Landes nach wie vor sehr illiquide sind, sie werden immer noch kaum gehandelt. Damit sich dies ändert, bedürfte es erst des Einstiegs größerer Investoren. Doch diese zögern weiterhin. Die Glaubwürdigkeit Griechenlands müsste noch weiter zunehmen, bevor sie aufspringen. „Und es gibt eine Diskussion, ob Griechenland nicht eher als Schwellenland eingestuft werden sollte.”

Zudem mögen sich die Aussichten zwar verbessert haben, doch gut sind sie noch lange nicht. Das Verhältnis der staatlichen Schulden zum Bruttoinlandsprodukt wird für 2013 bei rund 176 Prozent liegen, prognostizierte die Europäische Kommission unlängst. Und die Rating-Agentur Moody’s hat zwar das Kreditrating des Landes im November unter Hinweis auf Fortschritte bei der Haushaltskonsolidierung um zwei Stufen angehoben. Auch bei Fitch war die Note im Mai auf „B-“ erhöht worden. Doch diese liegt immer noch sechs Stufen unterhalb jener Schwelle, ab der institutionelle Investoren überhaupt erst einsteigen dürfen.

Und die wichtigste Oppositions-Partei Syriza hat sich auf die Fahnen geschrieben, Teile des internationalen Rettungspakets neu aushandeln zu wollen. In einer Umfrage vom 16. Dezember kommt sie auf 22 Prozent Unterstützung. Sollte sie die Wahl gewinnen, dann könnte sich der Wind sehr schnell wieder drehen. Und dann könnten sich die Kursgewinne der Anleihen auch schnell wieder in Luft auflösen.