SPD-Politiker attackiert in der Debatte über Armutszuwanderung Horst Seehofer

München. In der Debatte über die sogenannte Armutszuwanderung hat sich der Ton in der Koalition verschärft. Aus der SPD kam heute deutliche Kritik an der CSU: Der Staatsminister für Europa im Auswärtigen Amt, Michael Roth (SPD), warf der Unionspartei in der „Süddeutschen Zeitung“ vor, mit „dummen Parolen“ Stimmung zu machen. „Die CSU hat Europa nicht verstanden“, sagte Roth. Deutschland profitiere als Exportnation von offenen Märkten und Freizügigkeit. „Noch nicht einmal die Faktenlage beherrscht die CSU“, sagte Roth.

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte der „Süddeutschen Zeitung“, wer die Arbeitnehmer-Freizügigkeit infrage stelle, „schadet Europa und schadet Deutschland“. Diese sei ein „unverzichtbarer Teil der europäischen Integration“, von der Deutschland „ungemein und sicher viel mehr als andere profitiert“ habe. Seehofer wies in der „Bild“-Zeitung den Vorwurf als „absurd“ zurück, die CSU fische am rechten Rand. Zugleich betonte er, dass Maßnahmen gegen EU-Bürger, die zu Unrecht Sozialleistungen in Anspruch nähmen, Bestandteil des Koalitionsvertrags seien.

Der Vorsitzende der CSU-Gruppe im Europäischen Parlament, Markus Ferber, sagte: „Jeder EU-Bürger darf sich 90 Tage lang in einem anderen EU-Land aufhalten, um sich eine Arbeitsstelle zu suchen. In dieser Zeit hat er keinen Anspruch auf Sozialleistungen. Und er muss in sein Land zurückkehren, wenn er keinen Job findet.“ Dass die CSU für ihre Forderung nach Einhaltung von EU-Recht „in die rechte Ecke gestellt“ werde, sei unverständlich. Der CDU-Vize und Chef der nordrhein-westfälischen CDU, Armin Laschet, stellte ebenfalls klar: „Nur wer einen Arbeitsplatz hat, kann nach Deutschland kommen.“ Eine Einwanderung in die Sozialsysteme sei europarechtlich ausgeschlossen. Derweil kritisieren auch Wirtschaftsvertreter die Haltung der CSU. „Die Unternehmen haben in vielen Bereichen weiterhin Schwierigkeiten, qualifiziertes Personal zu finden – da sind Zuwanderer sehr willkommen“, sagte der Vize-Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Achim Dercks, der „Rheinischen Post“. Das gelte zunehmend auch für normale berufliche Qualifikationen.

Anlass der Debatte ist, dass seit Mittwoch die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit auch für Bürger der EU-Staaten Rumänien und Bulgarien gilt, für die es bislang übergangsweise Beschränkungen gab. Diese haben somit vollen Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt.