Der frühere Kanzleramtsminister und Vertraute von Angela Merkel soll eigenes Vorstandsressort für politische Beziehungen erhalten

Berlin. Kaum hat sich der Wirbel um den Wechsel Eckart von Klaedens, Ex-Staatsminister im Kanzleramt gelegt, sorgt eine neue Berliner Personalie für Aufsehen: Diesmal ist es der ehemalige Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU), bislang einer der engsten Mitarbeiter von Kanzlerin Angela Merkel (CDU), der in die Wirtschaft wechselt. Pofalla wird Cheflobbyist der Deutschen Bahn und übernimmt das Vorstandsressort für politische Beziehungen.

Pofallas Wechsel ist damit noch pikanter als der von Klaedens. Dieser war von Daimler abgeworben worden und ist dort ebenfalls als Cheflobbyist tätig. Von Klaeden und der Autobauer waren deshalb heftig in die Kritik geraten, weil der ehemalige Staatsminister schon während seiner politischen Amtszeit mit Vorgängen, die auch Daimler betreffen, betraut gewesen sein soll. Es wird eine Verquickung von altem und neuem Amt unterstellt. Von Klaeden und die Stuttgarter haben das immer in Abrede gestellt, als Staatsminister habe sich der Politiker nie mit Fällen, die den Automobilhersteller betreffen, auseinandergesetzt. Im Fall Pofalla ist klar, dass es ganz enge Bande zwischen ihm und dem Bahn-Vorstand gab und gibt. Im Staatskonzern DB AG werden keine wichtigen Entscheidungen getroffen, ohne dass die Kanzlerin und ihr Kanzleramtschef mit einbezogen wurden.

Und die Beziehungen von Konzernchef Rüdiger Grube zu Ronald Pofalla gelten als ausgesprochen gut. „Die können gut miteinander. Grube hat öfter wichtige Angelegenheiten neben dem damaligen Verkehrsminister Peter Ramsauer direkt mit Pofalla geklärt“, heißt es in Koalitionskreisen. „Grube ist als Chef eines Konzerns, der zu 100 Prozent in Staatsbesitz ist, auf gute Kontakte zur Politik angewiesen.“

Was läge da näher, als den ehemaligen Kanzleramtsminister zu verpflichten, einen Spitzenpolitiker, der im Zentrum der politischen Entscheidungen Berlins steht? Zumal Pofalla sich ohnehin für einen Ausstieg aus der Bundespolitik entschieden hatte. Es würde also alles passen. Dennoch wollte die Bahn den Wechsel nicht bestätigen. Zu Personalspekulationen nehme der Konzern keine Stellung, sagte ein Sprecher.

Es war allerdings schon während der Koalitionsverhandlungen durchgesickert, dass Pofalla zur Bahn wechseln könnte. Pofalla hatte sich entschieden, aus der Politik auszusteigen, weil er vergeblich bei der Kanzlerin darum gebeten hatte, ein Fachressort wie das Arbeitsministerium übertragen zu bekommen. In einer Großen Koalition war das aber nicht möglich. Daraufhin soll Pofalla einen Wechsel in die „staatsnahe Wirtschaft“ ausgelotet haben, zum Beispiel auf einen hoch dotierten Posten bei der Stiftung der Ruhrkohle. Nun ist es aber die Deutsche Bahn geworden.

Pofalla soll dort den CDU-Politiker Georg Brunnhuber ersetzen. Der ist im DB-Konzern bislang für die Pflege der politischen Beziehungen zuständig – und das bislang auch ganz erfolgreich. Doch altersbedingt will Brunnhuber seinen Vertrag Mitte des Jahres auslaufen lassen. Darüber hatten sich der CDU-Mann mit Grube kurz vor Weihnachten verständigt.

Danach ist eine vierteljährliche Verlängerung des Vertrages von Brunnhuber möglich. Pofalla könnte sich also noch ein wenig Zeit lassen mit dem Antritt bei der Bahn. Er hatte ohnehin angekündigt, eine sogenannte „Cooling-off“-Phase zwischen seiner Amtszeit im Kanzleramt und einem Engagement in der Wirtschaft einlegen zu wollen.

Da er für den Posten bei der Deutschen Bahn aber schon gesetzt ist, würde eine halbjährige Auszeit allerdings wenig überzeugend wirken. Der Wechsel von Merkels Vertrauten zur Bahn wird also binnen kurzer Zeit ebenso in die Kritik geraten, wie der von Klaedens zu Daimler. Pofalla wird damit leben können. Ein Vorstandsposten bei der Bahn wird mit 1,3 bis 1,8 Millionen Euro im Jahr vergütet. Zuständig für Vorstandsangelegenheiten bei der Bahn ist der Aufsichtsrat; er soll Ende März zusammenkommen. In dem Gremium sitzen drei Staatssekretäre, die Bahn ist zu 100 Prozent in Staatsbesitz.

Transparency International forderte, Pofalla müsse sein Bundestagsmandat zurückgeben. „Wir finden es unanständig, wenn er sich erst von den Menschen wählen lässt, um nur wenige Wochen später auf einen lukrativeren Job in der Wirtschaft zu wechseln“, sagte der Geschäftsführer von Transparency Deutschland, Christian Humborg, dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Scharfe Kritik kam auch von der Linken. Deren Verkehrsexpertin Sabine Leidig erklärte: „Ein Teil der Mehreinnahmen durch höhere Ticketpreise soll nun offensichtlich dazu verwendet werden, bei der Bahn einen Versorgungsposten für den ehemaligen Kanzleramtsminister zu schaffen. Die Bahn soll Fahrgäste befördern und keine früheren Minister versorgen.“