Berlin. Der Streit um Ausnahmen vom geplanten flächendeckenden Mindestlohn hält an. Der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) sprach sich am Wochenende dafür aus, dass es Ausnahmen geben soll. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann zeigte sich aber überzeugt, dass die Union beim Mindestlohn „nicht vertragsbrüchig“ werde. Vor Ausnahmen warnte auch die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG).

„Der Mindestlohn ergibt für Schüler und Studenten keinen Sinn, ebenso wenig für Rentner, die sich durchs Zeitungsaustragen etwas dazuverdienen möchten“, sagte Bouffier dem „Spiegel“. Die Union stehe zum Koalitionsvertrag. Es müsse aber nachgedacht werden, „ob der Mindestlohn vernünftig ist, wenn er ausnahmslos für alle gelten soll“.

Dem Abendblatt sagte Linken-Fraktionsvize Klaus Ernst: „Wir müssen in den Mindestlohn eine Armutsbremse einbauen. Die Regeln für die Anpassung an Preise und Löhne sind entscheidend. Es muss sichergestellt werden, dass man alleine mit einem Vollzeitjob ohne Hartz IV über die Runden kommt und genug für die Rente beiseite legen kann.“ Deshalb müsse der Mindestlohn einmal im Jahr mindestens so stark angehoben werden wie die Grundsicherung; zweitens müsse der Mindestlohn so hoch sein, „dass nach 45 Beitragsjahren eine Rente über der Grundsicherung heraus kommt, sonst subventioniert der Staat weiter Armutslöhne“.

Zuvor hatte CSU-Chef Horst Seehofer Ausnahmen etwa für Rentner gefordert. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sagte zu dem Streit: „Inwieweit Ausnahmeregelungen notwendig sein werden, wird der Gesetzgeber auf der Bundesebene unter Berücksichtigung langjähriger arbeitsmarktpolitischer Erfahrungen im Gesetzgebungsverfahren entscheiden.“

Die NGG-Vorsitzende Michaela Rosenberger warnte: „Wenn vom Mindestlohn ganze Gruppen ausgenommen werden, zum Beispiel Rentnerinnen und Rentner, wird keine sinnvolle untere Grenze gegen Lohndumping, sondern ein wirkungsloser Scheinmindestlohn eingeführt“, sagte die Gewerkschaftschefin.