Berlin. Nach jahrelangem Streit wird am Donnerstag vermutlich eine Richtungsentscheidung fallen, ob Verbindungsdaten von Telefonen und Computern zur Verbrechensbekämpfung gespeichert werden dürfen. Der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof will sein Gutachten zur Gültigkeit der bestehenden Richtlinie vorstellen. Es geht darum, ob die Pläne gegen die Europäische Grundrechtecharta verstoßen, die etwa den Schutz personenbezogener Daten hochhält.

Es ist offen, ob sich der Generalanwalt dabei gegen die sogenannte Vorratsdatenspeicherung aussprechen wird, ob er sie durchwinkt – oder ob er Änderungen verlangt. Das Urteil wird zwar erst in einigen Monaten erwartet, doch halten sich die Richter meistens an die Empfehlung ihres Gutachters. EU-Mitgliedsstaaten müssen beschlossene Richtlinien mit eigenen Gesetzen umsetzen. Bei der Vorratsdatenspeicherung werden ohne konkreten Anlass Informationen zum Beispiel darüber aufbewahrt, wer wann mit wem telefoniert oder E-Mails hin- und hergeschickt hat. Mit den erfassten Daten können Ermittler relativ genaue Bewegungsprofile erstellen.

In Deutschland hatte das Bundesverfassungsgericht die Umsetzung der vier Jahre zuvor beschlossenen EU-Richtlinie für nichtig erklärt. Das Gericht sprach sich zwar nicht grundsätzlich gegen die Vorratsdatenspeicherung aus. Die Richter forderten jedoch einen besseren Datenschutz und höhere Hürden für den Zugriff durch Ermittler. Während die Union eine Neuregelung forderte, sperrte sich die FDP dagegen.

In einem möglichen schwarz-roten Regierungsbündnis ist von solch einer Blockade jedoch keine Spur mehr: Im Koalitionsvertrag haben beide Seiten erklärt, die EU-Richtlinie umzusetzen und auf eine Verkürzung der Speicherfrist auf drei Monate hinzuwirken. Somit könnten in Deutschland demnächst Milliarden von Daten anlasslos gespeichert werden. Für den Beschluss kassiert nun vor allem Parteichef Sigmar Gabriel Kritik. In einem Eintrag auf seiner Facebook-Seite unterstützt er den Aufruf von Schriftstellern, sich gegen die Überwachung zu stemmen. Es sei eine „wunderbare und beeindruckende Aktion“. Im Kommentarbereich erntet Gabriel dafür jedoch viel Spott. Dem SPD-Chef wird Heuchelei vorgeworfen: „Wer hat denn die Vorratsdatenspeicherung in den Koalitionsvertrag geschrieben?“, heißt es dort.