Die Mehrheit des SPD-Nachwuchses sieht ein Linksbündnis als Alternative

Nürnberg. Im Eingang der ehemaligen Quelle-Zentrale in Nürnberg hängen noch einige Sprüche, mit denen der gescheiterte Versandhändler seine Mitarbeiter motivieren wollte. So liefen die Delegierten des Juso-Bundeskongresses am Sonnabend auch an einem Zitat des chinesischen Philosophen Laotse vorbei: „Wer sein Ziel kennt, findet den Weg.“ Doch beim Ziel sind sich der SPD-Nachwuchs und Parteichef Sigmar Gabriel gerade nicht einig. Während die Parteiführung eine Neuwahl für fatal und die Linke für nicht regierungsfähig hält, lehnen viele Jusos den Koalitionsvertrag mit der Union erbittert ab – und hoffen auf Rot-Rot-Grün.

Das Aufeinandertreffen von Parteichef und junger Basis geriet denn in Nürnberg auch zum heftigen, emotionalen Schlagabtausch. Für Gabriel verlief das Wagnis, alle Mitglieder über den Eintritt in eine schwarz-rote Koalition abstimmen zu lassen, bisher glimpflich. Auf den SPD-Regionalkonferenzen gab es zwar heftige Debatten, doch die Zustimmung zum Vertrag überwog. Die Stimmung habe sich gedreht, verkündeten führende Genossen. Und auch die Beteiligung an der laufenden Briefwahl liegt bislang über allen Erwartungen.

Bei den Jusos jedoch stieß Gabriel auf breite Ablehnung. Auf Flyern fraß ein schwarzer CDU-Hai einen kleinen SPD-Fisch – es war das Symbol für die Hauptfurcht der Jungsozialisten: im Bündnis mit der Union ihre Werte zu verraten. Gabriel hielt dagegen, im Koalitionsvertrag steckten Verbesserungen für Millionen Menschen. Die neu gewählte Juso-Vorsitzende Johanna Uekermann entgegnete: „Aber wir haben immer gesagt: Wir stehen für einen echten Politikwechsel.“ Ein Delegierter nach dem anderen kritisierte den Vertrag: zu wenig Umverteilung, zu viele Zugeständnisse, nicht links genug.

Die Befürworter der Koalition blieben in der Minderheit. „Ich freue mich, wenn ich nach Hause komme und das Ja ankreuzen kann“, sagte Lennhart Feix, 22, aus Schleswig-Holstein. Mit Blick auf die Initiatoren des beschlossenen Juso-Antrags gegen die Große Koalition fügte er hinzu: „Die Meinung der acht Landesverbände repräsentiert nicht die positive Stimmung unter den SPD-Mitgliedern.“ Und dies ist die große Unbekannte: Weder die Regionalkonferenzen noch der Juso-Bundeskongress geben Aufschluss darüber, welches Kreuz die stille Mehrheit der Parteimitglieder zu Hause macht.