Parteien scheuen Grundgesetzänderung, die es dem Bund erlauben würde, Ländern Geld zu geben

Berlin. Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) verließ die Verhandlungen mit einem Lächeln. Acht Milliarden Euro hat ihr Haus in der kommenden Legislaturperiode zusätzlich zugesprochen bekommen. Rechnet man noch die Milliarde dazu, die für den Kita-Ausbau zusätzlich fließt, fällt das Plus noch höher aus. Doch ist es gar nicht so leicht, das Geld zu verteilen. Denn der Koalitionsvertrag drückt sich um eine entscheidende Frage: Er enthält kein Bekenntnis zu einer Grundgesetzänderung für Forschung und Bildung, die es dem Bund erst erlauben würde, in die Hoheit der Länder einzugreifen und Geld zu geben.

Der Hochschulpakt, der Pakt für Forschung und Innovation und die Exzellenzinitiative, die die Elite-Unis hervorgebracht hat, laufen ohne Grundgesetzänderung 2017 aus. Die Parteichefs aber haben es gescheut, den gordischen Knoten zu zerschlagen. Dieser Knoten wurde in den Koalitionsverhandlungen geknüpft. Da war zum einen Wanka, die das Grundgesetz zwar ändern will, aber nur für die Hochschulen. Ihr zur Seite saß die rheinland-pfälzische Kultusministerin Doris Ahnen (SPD), die auch für die Schulen eine Neuformulierung erreichen wollte; damit etwa die Länder ein vom Bund finanziertes Ganztagsschulprogramm auflegen können.

Das ist nun bereits fast zwei Wochen her. Doch an der Verhandlungslage hat sich nicht viel geändert. „Es ist ein Manko, dass mit der CDU keine konkreten Verabredungen im Hinblick auf eine Grundgesetzänderung getroffen werden konnten“, sagte der thüringische Kultusminister Christoph Matschie (SPD). Die Länder seien auf die Bundesmittel angewiesen. „Wie das Geld genau zu den Hochschulen kommt, das muss noch besprochen werden.“ Nach Matschies Dafürhalten ist es aber sinnvoll, nach wie vor auch die Grundgesetzänderung für die Schulen anzustreben.

Unerwähnt im Koalitionsvertrag bleibt auch das Thema BAföG

Dagegen sagt der bildungspolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe, Albert Rupprecht: „Wir können nicht einfach Landesgeld durch Bundesgeld ersetzen. Es bleibt dabei, eine Grundgesetzänderung im Schulbereich ist mit uns nicht zu machen.“ Die SPD habe alle Möglichkeiten, die Länder bei den Hochschulen zu entlasten. „Dafür darf sie aber nicht auf ihren Forderungen beharren.“ In der Union geht man davon aus, dass die Sozialdemokraten im Rahmen der geplanten Föderalismusreform auf ihrem Standpunkt beharren. Die Frage ist, ob sich die Koalitionspartner einigen, die nötige Gesetzesänderung für die Hochschulen außerhalb einer solchen Reform durchzuführen. Eine Föderalismusreform wird Jahre brauchen. Theoretisch könnte der Bundestag das Grundgesetz zugunsten der Hochschulen sehr schnell ändern. Ein Formulierungsvorschlag für Artikel 91b liegt vor. Eine Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat ist für die Änderung notwendig. Einen Zeitplan aber gibt es bisher nicht.

Ebenfalls unerwähnt im Koalitionsvertrag bleibt das Thema Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG). Auch hier gab es einen Dissens, der ungelöst blieb. Die SPD wollte, dass der Bund das BAföG voll übernimmt. Bisher zahlt er 65 Prozent. Die frei werdenden Landesgelder hätten in die Hochschulen fließen können, so die Idee der SPD. Doch Bildungsministerin Wanka lehnt ab. Eine Erhöhung werde aber kommen. „Nur weil es nicht im Vertrag steht, heißt es ja nicht, dass es nicht kommt“, sagte die CDU-Politikerin „Spiegel Online“.

Wann und vor allem in welchem Umfang, das ist allerdings ebenfalls noch völlig offen. Die letzte, vergleichsweise bescheidene BAföG-Erhöhung liegt etwa zwei Jahre zurück. Ihr war ein zähes Ringen des Bundes mit den Ländern vorausgegangen.