Darin befinden sich neben viel Nützlichem auch einige skurrile Anweisungen

Berlin. So ein Neu-Parlamentarier hat es schwer. Er (oder sie) muss sich in Berlin eine Bleibe suchen, wenn er nicht von dort stammt. Er muss Mitarbeiter einstellen und nicht ein, sondern zwei Büros organisieren – eines im Bundestag, eines in seinem Wahlkreis. Er muss sich in den labyrinthartigen Gängen zwischen Reichstag und Jakob-Kaiser-Haus zurechtfinden. Ganz zu schweigen davon, dass er herausfinden muss, in welchem Ausschuss er sitzen und bei wem er antichambrieren muss, wenn er in seiner Fraktion Karriere machen möchte. Viel zu tun also für die Frischlinge im Bundestag. Die SPD hat vorsichtshalber deshalb in den vergangenen Tagen per E-Mail einen „Leitfaden“ verschickt. Er soll den Neuen erläutern, auf was zu achten ist.

Nun steht viel Nützliches in dem Leitfaden. Etwa, dass man sich im Wahlkreis idealerweise im Haus der SPD-Kreisgeschäftsstellen oder -Regionalbüros einquartiert, um „Synergien“ zu schaffen. Es wird darauf hingewiesen, dass das Büro barrierefrei sein und für die „sensiblen Daten“ ein abschließbarer Schrank zur Verfügung gestellt werden sollte, den man tunlichst auch nutzen sollte. Für Einrichtung und Unterhaltung des Büros, aber auch Einladungen im Wahlkreis gibt es eine monatliche Kostenpauschale in Höhe von 4123 Euro, für Sachleistungen wie Büromaterial und Telefonkosten jährlich noch einmal 12.000 Euro extra.

Auf den guten Stil der Bundestagskandidaten wollte sich die SPD bereits im Wahlkampf nicht verlassen. Damals verschickte sie im Vorfeld der Fotoshootings für die Wahlplakate eine Broschüre „Gut aussehen vor der Kamera“. In ihr wurde zunächst der „Kampagnen-Look“ der SPD erläutert („modern, lebendig, nah, echt, freundlich“). Dann gab es Verhaltenstipps. „Selbstbewusst“ und „offen frontal“ sollten die Kandidaten und Kandidatinnen in die Kamera schauen. Auch beim Styling gab es Nachhilfe. Für Frauen wurde ein „unbuntes Grau“ empfohlen. Mit „einem Schuss Seide“ bekomme dieses einen „freundlichen Glamourtouch“. Auch Rosé, Blaugrau oder Türkis/Petrol eigne sich, Letzteres vor allem auch deshalb, weil es eine „wundervolle Gegenfarbe zum Rot-Magenta-Verlauf“ im Hintergrund des Plakats sei.

Männliche Aspiranten wurden darauf hingewiesen, dass die Farbe Sand „gut komme“, aber auf keinen Fall mit Beige verwechselt werden dürfe: „Beige enthält Rotanteile, die auf Fotos bieder machen.“ Auch solle ein heller Anzug nie aus Schurwolle sein, denn nur der Baumwollanzug wirke „sportiv“. Frauen erhielten noch einen Blusenhinweis: „Blusenkragen über das Revers raubt Kompetenz und gräbt die Autorität an.“ In diesem Punkt haben die Sozialdemokraten von der CDU gelernt. Den Imageschaden, den Deutschlands jüngste Ministerin Claudia Nolte einst mit ihrer über dem Jackett getragenen Rüschenbluse erlitt, will man den eigenen Genossinnen ersparen.