Schon in drei Wochen wollen CDU und Grüne in Hessen einen Koalitionsvertrag ausgehandelt haben

Wiesbaden. Hessens Linksparteichef hat sich zum Start des schwarz-grünen Regierungsprojekts einen kurzen Witz ausgedacht: „Treffen sich zwei glaubwürdige Politiker in einem Wiesbadener Hotel.“ Der Spott zielt auf jenes Experiment, das in den kommenden drei Wochen im Hotel Oranien abläuft. Dort, wo sonst Kriminächte, Weinproben und Zauber-Dinner stattfinden, soll Deutschlands erste schwarz-grüne Regierung eines Flächenlandes Konturen erhalten.

Linke-Chef Ulrich Wilken erinnert nun auch an eine Twitter-Meldung von Grünen-Chef Tarek al-Wazir vier Tage vor der Landtagswahl: „Volker Bouffier ist der Nachlassverwalter von Roland Koch und ein Rechtspopulist.“ Und er zitiert die Antwort von CDU-Chef Volker Bouffier auf die Frage der „Fuldaer Zeitung“, ob er Schwarz-Grün ausschließe: „Wenn Sie es hören wollen: ja. Klares Wort. Die Grünen wollen den Menschen vorschreiben, wie sie zu leben haben: Tempo 30 an allen Ecken, Veggie-Day – das ist doch irre.“

Irre, dieses Wort passt durchaus auch zum Zeitplan für die Aushandlung des Koalitionsvertrags zwischen zwei Partnern, die sich fremder kaum sein könnten. Neun Wochen haben Hessens Politiker benötigt, um sich überhaupt auch nur zu entscheiden, wer mit wem kann und will. Die wirklich handfesten Verhandlungen sollen nun aber in drei Wochen erledigt werden.

Grünen-Chef Tarek al-Wazir verteidigte am Montag noch einmal die Notwendigkeit, das Koalitionsangebot der CDU anzunehmen: Eine Regierung aus CDU und SPD hätte gar keine Veränderung gebracht. Sichtlich unwohl war al-Wazir bei dem Gedanken, dem Überraschungscoup von Hessen könne zu viel Gewicht beigemessen werden. „Historisch ist ein großes Wort. Es hat auch schon ein historisches Scheitern gegeben“, sagte er – und fügte schnell hinzu „Das haben wir beide nicht vor.“ Ministerpräsident Volker Bouffier sprach von einem „guten Anfang“. Es werde aber sicherlich „in mancher Hinsicht ein schwieriger Annäherungsprozess“. Begeisterung hört sich anders an.

Die Zurückhaltung ist den Parteichefs aber nicht zu verdenken. Beide machen keinen Hehl daraus, dass ihnen eine andere Koalition lieber gewesen wäre. Und vor ihnen liegen harte Verhandlungen, die auch von der künftigen Opposition kritisch begleitet werden. FDP und SPD wollen wissen, was Schwarz-Grün in Sachen Flughafen vorhat. Bouffier hatte angedeutet, dass im Konflikt zwischen Airport-Ausbau und Lärmschutz sieben statt sechs Stunden Lärmpause im Gespräch sind. Zudem soll geprüft werden, ob es wirtschaftlich sinnvoll ist, das neue Terminal 3 jetzt schon zu bauen. Auch die Zahl der Flüge wird womöglich begrenzt – Bouffier sprach von einem „Lärmdeckel“. Das empört die Sozialdemokraten. „Als die SPD aufgrund der Entwicklung der Passagierzahlen ein Moratorium für das Terminal 3 gefordert hat, ist das von der CDU abgelehnt worden“, kritisierte deren Parlamentarischer Geschäftsführer Günter Rudolph. Offenbar verabschiede sich die CDU aus machtpolitischen Gründen von ihrer Linie. „Oder ist das eine Finte, um die grüne Basis einzulullen?“