Simon-Wiesenthal-Center will Plakatkampagne „Last Chance“ fortsetzen

München. Eine Plakatkampagne des Simon-Wiesenthal-Centers zum Aufspüren von noch lebenden Nazi-Kriegsverbrechern ist auf positive Resonanz gestoßen. So seien telefonische Hinweise auf 110 Verdächtige eingegangen, die möglicherweise an NS-Kriegsverbrechen beteiligt waren, sagte Initiator Efraim Zuroff am Montag in München. Er stellt dort eine erste Bilanz der im Sommer gestarteten Kampagne „Operation Last Chance II“ vor. Nach Angaben Zuroffs leben 71 der Verdächtigen in Deutschland. Vier Fälle seien bereits an deutsche Strafverfolgungsbehörden übergeben worden. Darunter befänden sich zwei mutmaßliche Wächter der Konzentrationslager in Auschwitz und Dachau sowie eine Person, die sich an Kriegsverbrechen in Nordfrankreich beteiligt haben könnte.

Die Resonanz auf die Aktion habe alle Erwartungen weit übertroffen, sagte der Direktor des Wiesenthal-Centers in Jerusalem. Mehr als 200 Anrufe seien weltweit eingegangen. Rund zwei Drittel der Hinweise hätten bereits geprüft werden können. Die Plakatkampagne war im Juli und August in Berlin, Hamburg und Köln gestartet worden. Das Simon-Wiesenthal-Center, das seinen Hauptsitz in Los Angeles hat, hatte die Bevölkerung aufgerufen, Hinweise auf mutmaßliche NS-Kriegsverbrecher zu geben. Die im Jahr 1977 gegründete Organisation, die sich der Suche nach Nazi-Verbrechern verschrieben hat, hatte auch Belohnungen für Hinweise ausgesetzt. Bis zu 25.000 Euro können Hinweisgeber bei einer Verurteilung von Verdächtigen erhalten. Dieses Vorgehen hatte im Sommer vereinzelt auch für Kritik gesorgt. Ausgezahlt wurde bisher noch kein Geld.

Die Hinweise hätten nicht nur zu in Deutschland lebenden Verdächtigen geführt, sagte Zuroff. Neben 71 in der Bundesrepublik lebenden Personen seien auch Hinweise zu mutmaßlichen Kriegsverbrechern in 17 weiteren Ländern, darunter die USA, Italien und Österreich, vom Wiesenthal-Center verfolgt worden. In vielen Fällen seien die Verdächtigten allerdings bereits verstorben, oder es fehlten notwendige Beweise für eine juristische Weiterverfolgung der Fälle. Zugleich kündigte Zuroff an, die Kampagne werde in Kürze in acht deutschen Städten fortgesetzt. So sollen noch im November Plakate in München, Leipzig, Stuttgart, Dresden, Magdeburg und Rostock erscheinen. Im Dezember folgen Nürnberg und Frankfurt am Main.