Zuzug nach Deutschland wächst. Jeder vierte Hamburger Unternehmer hat ausländische Wurzeln

Hamburg. Es war nicht immer leicht für Lorelly Bustos Córdoba, Unternehmerin in Hamburg zu sein. 2012 wollte sie eine Kita in Winterhude eröffnen, die Kinder sollten mit Deutsch und Spanisch aufwachsen. Doch Anwohner stemmten sich gegen einen Kindergarten in ihrer Nachbarschaft. Der Vertrag platzte, und damit vorerst auch der Traum von Bustos Córdoba von ihrer neuen Kita. Bereits fünf Jahre zuvor hatte sie eine zweisprachige Kita in Eimsbüttel aufgebaut. Deshalb stand die Frau aus Costa Rica am Donnerstag beim Verein „Unternehmer ohne Grenzen“ neben Sozialsenator Detlef Scheele und Geschäftsführer Kazim Abaci (beide SPD) – als erfolgreiche Unternehmerin in Hamburg.

Zur Gründerwoche in Deutschland präsentierte der Hamburger Verein seine Arbeit und auch eine aktuelle Studie, nach der rund 23 Prozent der insgesamt 129.000 Selbstständigen in der Hansestadt aus einer Zuwandererfamilie kommen. Das sind deutlich mehr als durchschnittlich in der Bundesrepublik (16 Prozent). 618.000 Menschen mit ausländischen Wurzeln sind Chefs in Deutschland. Ende der 50er-Jahre kamen die ersten sogenannten Gastarbeiter aus der Türkei, Italien und Griechenland ins Land. Sie arbeiteten als Schweißer oder Elektriker in den großen Fabriken der Republik, sie waren einfache Angestellte und Arbeiter. Doch mit den nachfolgenden Generationen von Migranten wandelten sich auch ihre Berufsbiografien. Untersuchungen des Hamburger Weltwirtschaftsinstituts (HWWI) aus dem Jahr 2010 zeigen, dass Zuwandererkinder aus der zweiten und dritten Generation sehr viel stärker Unternehmen gründen – nicht mehr nur Imbisse oder Reisebüros, sondern auch Anwaltskanzleien, Arztpraxen oder Kindergärten.

Migrantische Unternehmen würden zusätzliche Produkte und Dienstleistungen nach Hamburg bringen, hob Senator Scheele bei der Veranstaltung von „Unternehmer ohne Grenzen“ hervor. Zudem brauche die Stadt Zuwanderer, um den drohenden Fachkräftemangel zu bekämpfen.

Insgesamt hat die Zuwanderung nach Deutschland im ersten Halbjahr 2013 unvermindert zugenommen. 550.000 Menschen kamen ins Land, von denen 501.000 Ausländer waren, teilte das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mit. Danach gab es 55.000 Zuzüge mehr als im ersten Halbjahr 2012 (plus elf Prozent). Die Zahl der Zuzüge deutscher Bürger blieb mit rund 54.000 gegenüber dem Vorjahr nahezu unverändert. Gleichzeitig zogen in den ersten sechs Monaten 2013 rund 349.000 Menschen aus Deutschland weg (plus zehn Prozent). Allerdings: Das Plus war in den beiden Vorjahren noch höher: Im ersten Halbjahr 2011 betrug es 19 Prozent, 2012 waren es 15 Prozent. Nach Hamburg zogen im ersten Halbjahr 2013 laut Statistikamt 15.657 Menschen. Gleichzeitig verließen gut 7700 Menschen die Stadt, um ins Ausland zu gehen.

Die meisten ausländischen Zugezogenen stammten aus den Staaten der Europäischen Union, vor allem aus Polen, Rumänien und Bulgarien. „Die Zuwanderer aus Osteuropa sind eigentlich recht gut in den Arbeitsmarkt integriert“, sagt Herbert Brücker vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung in Nürnberg (IAB). Aus dem Osten kommen nach wie vor deutlich mehr Menschen als aus dem Süden, auch wenn die Zuwanderung aus Italien, Spanien und Portugal gegenüber dem Vorjahr noch einmal zugenommen hat. Dabei spielt die Zuspitzung der Schuldenkrise im Süden der EU eine wichtige Rolle. Aus Spanien wanderten 39 Prozent, aus Portugal 26 Prozent und aus Italien 41 Prozent mehr Ausländer nach Deutschland ein. Starke Zuwächse gab es auch aus den Krisenregionen Syrien, Libyen und Somalia.