Das Parlament ist zum Nichtstun verdammt. Einneues Gremium soll das ändern

Berlin. Seit Beginn der Koalitionsverhandlungen zwischen CDU, CSU und SPD liegt über dem Berliner Regierungsviertel bleierne Ermattung. Vor allem bei denjenigen Bundestagsabgeordneten, die nicht in die Verhandlungen eingebunden sind. Seit vier Wochen schleppen sich die schwarz-roten Gespräche hin, gut acht Wochen liegt die Bundestagswahl zurück, und im Bundestag datiert die letzte Plenarsitzung mit wirklich wichtigen Abstimmungen von Ende Juni. Das war vor fünf Monaten. Eine gigantische Warteschleife, die nun ein Ende haben soll – unabhängig davon, was sich die Unterhändler von Union und SPD noch einfallen lassen.

Erstmals in der Geschichte des Bundestags wird ein provisorischer Super-Ausschuss eingerichtet, der die Lähmung des Parlaments bis zur Regierungsbildung aufheben soll. Anders als die sonst üblichen Fachausschüsse soll der neue Ausschuss sämtliche Anträge aus allen Politikfeldern beraten und Bundestagsentscheidungen vorbereiten. Etwa 40 Politiker von CDU, CSU, SPD, Linkspartei und Grünen aus allen Fachbereichen sollen in das Gremium einziehen und ein Minimum von ernst zu nehmender Parlamentsarbeit sicherstellen. Am Donnerstag nächster Woche soll er eingesetzt werden.

Die Idee geht auf Union und SPD zurück. „Der jetzt gefundene Weg erscheint mir ein vertretbarer und auch zumutbarer“, sagte Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) am Mittwoch. Der oppositionellen Linkspartei reicht das Gremium jedoch nicht aus.

Seit Ende Juni ist der Bundestag nur zur konstituierenden Sitzung und zu Sondersitzungen zusammengekommen. Die eigentliche Parlamentsarbeit wird aber durch die langwierigen Koalitionsverhandlungen ausgebremst. Denn der Großteil spielt sich in den Ausschüssen ab, in denen Fachpolitiker Gesetzesvorlagen prüfen und dem Plenum in der Regel eine Abstimmungsempfehlung geben. Der fachliche Zuschnitt dieser Ausschüsse orientiert sich am Zuschnitt der Bundesministerien. Da allerdings der Ministerienzuschnitt immer noch Gegenstand der Koalitionsverhandlungen ist, haben Union und SPD die Berufung von Fachausschüssen bislang verhindert.

Der Super-Ausschuss bleibt nach bisheriger Planung bis zum Jahreswechsel tätig: Am 17. Dezember soll die Bundeskanzlerin wiedergewählt werden, der reguläre Parlamentsbetrieb soll Anfang Januar starten – dann wird der Ausschuss wieder aufgelöst.

Aber bis dahin wird es zäh in den Koalitionsverhandlungen: Union und SPD haben 110 Punkte auf einer Liste noch offener Fragen. Nun wurde vereinbart, dass gleich viele Punkte beider Seiten gestrichen werden, damit weder die Basis der SPD noch die der Union das Gefühl bekommt, ihre Partei habe schlecht verhandelt.