Trotz Einigung über Europapolitik bleiben entscheidende Fragen offen

Berlin. Nach dem handfesten Streit über Kernthemen sind Union und SPD in den Koalitionsverhandlungen am Mittwoch etwas vorangekommen. Einen Tag vor dem SPD-Bundesparteitag in Leipzig einigten sich die Koalitionäre am Mittwoch über weite Teile der Europa-, Innen-, Umwelt-, Verbraucherschutz- und Bildungspolitik. Die drei Generalsekretäre betonten nach Gesprächen in großer Runde ausdrücklich den Willen zur Bildung einer Großen Koalition. Allerdings bekannten sie, dass entscheidende Streitpunkte erneut nicht geklärt werden konnten.

Die Fachpolitiker von Union und SPD waren etwa bei den Themen Lkw-Maut und Gleichstellung von Homo-Paaren aneinandergeraten. CDU und CSU streiten zudem heftig über Volksabstimmungen. „Wir sind im ganz normalen Betrieb einer Koalitionsverhandlung“, sagte SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles. „Ich bin sehr zuversichtlich, dass es gelingt, einen guten Koalitionsvertrag auszuhandeln.“ Auch die Generalsekretäre von CDU und CSU, Hermann Gröhe und Alexander Dobrindt, lobten den Kompromisswillen aller Seiten.

SPD lässt Forderung nach einem Altschulden-Tilgungsfonds fallen

Schwerpunkt der Beratungen am Mittwoch war das Thema Europa – auch wenn etwa das strittige Thema Bankenunion ausgeklammert wurde. „Wir haben einen Kompass in der Europapolitik gefunden“, sagte Nahles. Sowohl Gröhe als auch Dobrindt betonten die Verständigung darauf, dass es keine Schuldenvergemeinschaftung geben werde. Die SPD hat damit auf ihre Forderung nach einem Altschuldentilgungsfonds verzichtet. Im Gegenzug wird in dem Europa-Papier betont, dass es eine Balance zwischen dem Streben nach mehr Wettbewerbsfähigkeit und einer sozialen Balance geben müsse. So soll eine Große Koalition etwa gegen Lohndumping in der EU vorgehen.

Allerdings zeigte sich auch beim Thema EU, dass erhebliche Differenzen bleiben – vor allem über die Einführung von Volksentscheiden auf Bundesebene und über wichtige EU-Projekte. Streitpunkte bleiben auch in der Innenpolitik: „Über direkte Demokratie haben wir uns nicht verständigen können, leider auch nicht über doppelte Staatsangehörigkeit“, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann.

Ähnlich sieht es bei Bildung und Forschung aus. Die meisten Punkte sind hier geklärt. Offen blieb aber die Frage, ob der Bund in die Schulfinanzierung einsteigen soll, die bisher Angelegenheit der Länder ist. Die SPD fordert dies vehement, die CSU lehnt dies klar ab. „Uns liegt besonders am Herzen, dass wir mehr Ganztagsschulen in Deutschland bekommen“, sagte SPD-Vize Manuela Schwesig. Hier müsse sich die Union bewegen.