Ihr Chefdiplomat wurde von Guido Westerwelle ins Außenministerium gebeten. Die Information stammt von Edward Snowden.

Berlin. Der britische Geheimdienst betreibe auf dem Dach der Botschaft im Berliner Regierungsviertel einen Horchposten, hat die Zeitung „The Independent“ unter Berufung auf Dokumente des früheren US-Geheimdienstmitarbeiters Edward Snowden berichtet. Jetzt wurde der britische Botschafter Simon McDonald deswegen ins deutsche Außenministerium gebeten – auf Veranlassung von Außenminister Guido Westerwelle (FDP). Das Ministerium wies darauf hin, dass „das Abhören von Kommunikation aus den Räumlichkeiten einer diplomatischen Mission ein völkerrechtswidriges Handeln wäre“. Die Unterlagen sowie Luftaufnahmen und weitere Informationen legten nahe, dass dort Hightech-Ausrüstung zum Einsatz komme. Auf dem Grundstück befinde sich ein Bauwerk, das Abhörstationen ähnlich sehe. Die zeltähnliche Vorrichtung sei von der Straße aus nur schwer erkennbar. Die britische Botschaft will dazu keine Stellung beziehen. „Ich kann zu geheimdienstlichen Aktivitäten keine Auskunft geben“, sagte eine Mitarbeiterin.

Dem Bericht zufolge betreibt der britische Geheimdienst GCHQ auch Spähposten in diplomatischen Vertretungen weltweit und arbeitet dabei mit den USA und anderen Staaten zusammen. Die britische Botschaft steht nur wenige Meter entfernt von der US-Vertretung in der Wilhelmstraße in der Nähe von Kanzleramt und Bundestag. Das Gebäude wurde im Jahr 2000 eröffnet. Die Dienste der USA und Großbritanniens arbeiten eng zusammen und sind mit Australien, Kanada und Neuseeland Teil des „Five Eyes“-Verbundes zum Austausch geheimer Informationen.

Unionspolitiker: Spionen muss es in Deutschland schwerer gemacht werden

Die Unionspolitiker Wolfgang Bosbach (CDU) und Hans-Peter Uhl (CSU) haben Konsequenzen wegen des mutmaßlichen Horchpostens gefordert. „Die neuesten Entwicklungen zeigen, dass man auch mit Großbritannien ein No-Spy-Abkommen schließen sollte“, sagte Bosbach dem „Tagesspiegel“. Uhl forderte technische Konsequenzen: „Ziel muss sein, deutsche Technik zum Schutz unserer Daten zu entwickeln.“ Spionen müsse es in Deutschland schwerer gemacht werden.

Mutmaßliche US-Spähangriffe auf das Mobiltelefon von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) belasten seit Wochen das Verhältnis zwischen den Regierungen in Berlin und Washington. Medienberichten zufolge sollen amerikanische Geheimdienste auch die US-Botschaft am Brandenburger Tor für Spionage im Regierungsviertel genutzt haben.

Die Präsidenten von Bundesnachrichtendienst und Bundesamt für Verfassungsschutz, Gerhard Schindler und Hans-Georg Maaßen, führen zurzeit Gespräche über ein Geheimdienstabkommen in Washington. An diesem Mittwoch wollen sie dem Bundestagsgremium zur Kontrolle der Geheimdienste über die Ergebnisse berichten. Die amtierende schwarz-gelbe Koalition stemmt sich in der Spähaffäre indes dagegen, dem Informanten Snowden Asyl zu gewähren. Dafür gebe es keinen Grund. „Er ist kein politisch Verfolgter“, sagte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) dem „Münchner Merkur“. Auch der designierte FDP-Vorsitzende Christian Lindner sprach dem früheren US-Geheimdienstmitarbeiter diesen Status ab: Ihm Asyl zu gewähren, wäre „das Kündigungsschreiben für die transatlantische Partnerschaft“, sagte Lindner der „Berliner Zeitung“.

Friedrich verwies darauf, dass Snowden ohnehin nur Asyl in Deutschland beantragen könne, wenn er sich schon im Lande befände. Mit dem Thema habe sich die Bundesregierung bereits im Juli befasst, und „damals sind Auswärtiges Amt und Bundesinnenministerium übereinstimmend zu der Auffassung gekommen, dass die Voraussetzungen für eine Aufnahme nicht vorliegen“, sagte der geschäftsführende Minister.