Kabul/Berlin. Vor dem Ende des Kampfeinsatzes in Afghanistan bietet Deutschland deutlich mehr bedrohten Ortskräften die Aufnahme an als zunächst vorgesehen. Deutsche Medien berichteten aus dem Bundeswehr-Feldlager in Masar-i-Scharif, 150 Afghanen würden in den nächsten Tagen das Angebot erhalten, mit ihren Familien in die Bundesrepublik zu kommen. Ein Bundeswehr-Sprecher in Masar-i-Scharif bestätigte die Zahl. Aus Regierungskreisen hieß es am Dienstag, dabei handele es sich um Fälle, die als „latent bedroht“ eingestuft worden seien. Zuvor sei bereits 23 „konkret bedrohten“ Ortskräften die Aufnahme in Deutschland angeboten worden.

Die Bundesregierung hatte die Kriterien für eine Aufnahme Anfang des Monats ausgeweitet. Sie machte damit den Weg frei dafür, nicht nur solchen Ortskräften eine Aufnahme anzubieten, die als „konkret bedroht“ eingeschätzt wurden. Die Fälle wurden daraufhin erneut geprüft. Insgesamt hatten sich nach Angaben aus der Bundesregierung mehr als 200 der rund 1000 einheimische Mitarbeiter der verschiedenen deutschen Regierungsstellen selbst als bedroht eingestuft. Wie die „Stuttgarter Zeitung“ berichtete, sagte der Leiter der deutschen Truppenverlegung, Brigadegeneral Michael Vetter, in Masar-i-Scharif, es sei aber noch offen, ob die Betroffenen tatsächlich ausreisen wollten oder lieber eine finanzielle Abfindung in Anspruch nehmen wollten.

Die meisten afghanischen Ortskräfte waren als Übersetzer eingesetzt und fürchten nach dem Abzug der meisten Soldaten Racheakte der Taliban. Der Nato-Kampfeinsatz läuft Ende 2014 aus. Danach soll es eine kleinere Nachfolgemission zur Ausbildung afghanischer Sicherheitskräfte geben, an der sich Deutschland mit bis zu 800 Soldaten beteiligen will. Derzeit sind im Rahmen der Nato-geführten Schutztruppe Isaf noch knapp 3700 Bundeswehrsoldaten eingesetzt.