Ab November erkennt das Personenstandsrecht Intersexuelle an

Berlin. Ab Donnerstag wird es in Deutschland neben der herkömmlichen Unterscheidung Mann/Frau nun auch offiziell ein unbestimmtes Geschlecht geben. Die Bundesregierung hatte die Änderung des Personenstandsgesetzes im Mai als eines der letzten Vorhaben verabschiedet. Bislang waren sogenannte intersexuelle Menschen verpflichtet, sich für „Mann“ oder „Frau“ zu entscheiden. Mit der Reform geht der Gesetzgeber auf die Tatsache ein, dass es Menschen mit uneindeutigem Körpergeschlecht gibt.

Intersexualität kann sich an den Chromosomen, den Hormonen oder den anatomischen Geschlechtsmerkmalen zeigen. In der Vergangenheit wurden zumeist in der frühen Kindheit genitalangleichende Operationen vorgenommen, ergänzt durch eine langfristige hormonelle Nachbehandlung. Intersexuelle Menschen sahen darin teilweise eine biologische Normierung und Zwangsbehandlung. Inzwischen sind die Ärzte zurückhaltender. Intersexuelle Menschen sind von transsexuellen zu unterscheiden. Letztere können eindeutig einem Geschlecht zugeordnet werden, fühlen sich aber dem anderen zugehörig und wollen entsprechend anerkannt werden. Diese Fälle sind bereits rechtlich geregelt.

Mit den Problemen intersexueller Menschen befasste sich 2011 zunächst der Deutsche Ethikrat in einer Studie. Darin betonte er, dass „irreversible medizinische Maßnahmen zur Geschlechtszuordnung einen Eingriff in das Recht auf körperliche Unversehrtheit, Wahrung der geschlechtlichen und sexuellen Identität und das Recht auf eine offene Zukunft und oft auch in das Recht auf Fortpflanzungsfreiheit“ darstellen. Deshalb empfahl er, die Betroffenen später selbst über ihr Schicksal entscheiden zu lassen, es sei denn, ein Eingriff sei „aufgrund unabweisbarer Gründe des Kindeswohls erforderlich“.

Der Gesetzgeber führt nun allerdings nicht ausdrücklich im Geburtenregister ein drittes Geschlecht ein, wie Zwitter, Hermaphrodit oder Intersexueller. „Kann das Kind weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht zugeordnet werden, so ist der Personenstandsfall ohne eine solche Angabe in das Geburtenregister einzutragen“, heißt es. Allerdings verlangt das Passgesetz weiter, entweder „F“ für weiblich oder „M“ für männlich anzugeben. Auch zahlreiche andere Gesetze und Rechtsnormen heben auf eine eindeutige Zuordnung ab.

Doch wie stehen die Betroffenen zur Änderung des Rechts? Schätzungen reichen von 16.000 bis 800.000 in Deutschland. Der Rat veröffentlichte 2011 eine Befragung von 199 Personen. 71 plädierten für die Beibehaltung der ausschließlichen Zweiteilung, 59 Personen sprachen sich für eine andere Lösung aus und 36 Personen forderten eine Ergänzung um eine dritte Kategorie.