SPD-Analyse warnt vor Neuwahl-Szenario. Mehrere Landesverbände gegen Große Koalition

Berlin. In der Diskussion um die mögliche Bildung einer Großen Koalition bemüht sich der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel, interne Bedenken gegen den Kurs der Parteiführung zu zerstreuen. „Alle Entscheidungsprozesse, Zwischenschritte und erst recht alle Entscheidungen der SPD werden mit größtmöglicher Transparenz und unter breiter Beteiligung der Partei und ihrer Mitglieder vorgenommen“, schreibt Gabriel in einem Brief an die Mitglieder der SPD. Gabriel dankte „all denen in der Partei, die uns seit der Wahl auf unterschiedlichem Weg Rat, Hinweise und Wünsche übermittelt haben“. Die Parteispitze nähme „diese Willensbekundungen von euch ernst und werden sie auch in unsere Meinungsbildung der kommenden Zeit einfließen lassen“.

Mehrere SPD-Landesverbände haben sich mehr oder weniger deutlich gegen eine Neuauflage der Großen Koalition positioniert. Besonders ausgeprägt ist der Widerstand in Nordrhein-Westfalen. Recht offen argumentieren SPD-Politiker mit der Kommunalwahl, die mit der Europawahl am 25. Mai 2014 stattfindet. Eine schwarz-rote Regierung in Berlin minimiere die Siegesaussichten beim Kampf um die Rathäuser zwischen Bielefeld und Bonn, heißt es deutlich. Auch die baden-württembergische SPD ist skeptisch. „Wir sind, vorsichtig gesagt, nicht begeistert vom Gedanken einer Großen Koalition. Wir wollen sie nicht“, sagte ihr Vorsitzender Nils Schmid. Sollte es aber zu Gesprächen kommen, „müssen die Mitglieder auf der Strecke eng eingebunden werden, und vor allem am Abschluss muss eine Mitgliederbefragung stehen“.

Ob der Parteikonvent am Freitag eine Entscheidung fällt, gilt als offen

Am Freitagabend soll der Parteikonvent der SPD über das weitere Verfahren beraten. Mit besonderem Interesse wird der Auftritt der stellvertretenden Vorsitzenden, NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, erwartet. Womöglich wird der Ruf nach einer Mitgliederbefragung laut. In SPD-Kreisen wird mit einer zähen Debatte gerechnet. Vermutlich werde der Parteikonvent noch keine Entscheidungen treffen, sondern alsbald erneut einberufen. Ob eine Beschlussempfehlung des Vorstandes verabschiedet wird, gilt als zweifelhaft. Sondierungsgespräche mit der CDU/CSU werden für die kommende Woche nicht erwartet.

In der Diskussion über ihre künftige Funktion warnen Teile der SPD vor einer Neuwahl. Im Falle einer Minderheitsregierung könne sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) „jederzeit für die Vertrauensfrage und Neuwahlen entscheiden“, heißt es in einer Analyse aus Berliner SPD-Kreisen. „Dies kann durch Grüne und SPD bei den bestehenden Mehrheiten nicht verhindert werden“, wird in dem Papier gewarnt. Auf Vorschlag der Kanzlerin könne der Bundespräsident „dann binnen 21 Tagen den Bundestag auflösen.“ Bei einer Neuwahl müsse man mit einer heftigen Niederlage rechnen. Die Union könne auf eine absolute Mehrheit hoffen.