Ohne die Ländervertretung wird für die neue Bundesregierung nichts laufen

Berlin. Jetzt guckt alles auf den Bundestag. Aber sehr bald muss man viel stärker als bisher auch den Bundesrat betrachten. Die Länderkammer wird in der nächsten Legislaturperiode zum großen Mitspieler. Der Hauptgrund dafür ist allerdings nicht die rot-grüne Ländermehrheit.

Gewiss, Rot-Grün sitzt im Bundesrat fest im Sattel. Von den 69 Länderkammer-Stimmen kontrollieren SPD und Grüne bislang 36 (mitgerechnet das rot-rote Brandenburg und Schleswig-Holstein mit der Regierungsbeteiligung des SSW), und an dieser Mehrheit ändert sich mit der Hessen-Wahl im Grundsatz nichts. Erst 2014 können sich mit den Wahlen in Brandenburg Verschiebungen ergeben, 2015 folgen Bremen und Hamburg, 2016 Baden-Württemberg und Reinland-Pfalz. Aber parteipolitische Konstellationen in den Ländern werden nicht mehr so wichtig sein. Entscheidend wird stattdessen etwas, bei dem für Landespolitiker die Parteifreundschaften aufhören: Geld.

Die kommenden Jahre sind für Wohl und Wehe der 16 Bundesländer so bedeutsam wie kaum eine andere Epoche in der Geschichte der Bundesrepublik. Es geht darum, ob Bundesländer lebensfähig bleiben, ob deren Kommunen ihre Aufgaben bewältigen und die Beamtenpensionslasten aller Länder geschultert werden können. Gewaltige Veränderungen in der Finanzarchitektur werfen ihre Schatten voraus. Die Schuldenbremse tritt 2020 in Kraft und erfordert schon jetzt nicht nur eiserne Sparsamkeit, sondern auch, dass die Länder bloß noch machen, was sie selbst finanzieren können. Ergo: Bund und Länder müssen über eine neue Aufteilung ihrer Kompetenzen verhandeln.

Bereits 2019 läuft der Solidarpakt aus, was zumal für die ostdeutschen Länder den Druck erhöht. Der wird durch den Überdruss der Bürger am Solidaritätszuschlag weiter gesteigert. Hinzu kommt, dass Bayern und Hessen beim Bundesverfassungsgericht Klage gegen den Länderfinanzausgleich eingereicht haben. Vermutlich 2014 wird sich Karlsruhe damit befassen. Wie auch immer die Richter entscheiden, fest steht: Jede Entscheidung wird neuerliche Verhandlungen über die Länderfinanzen auslösen. Außerdem müssen Länderrechte und -pflichten gegenüber der Europäischen Union geklärt werden. Deutschlands Zukunft also liegt zum großen Teil in der Hand der 16 Ministerpräsidenten.

Auch im Bundesrat selbst sieht der baden-württembergische Bundesratsminister Peter Friedrich (SPD) „schwierige Zeiten“ kommen. Denn beim Geld dränge die Zeit: „Man muss in dieser Legislaturperiode zu Ergebnissen kommen“, sagt Friedrich und warnt die Bundespolitik vor dem Glauben, bei den Ländern seien in Finanzfragen „Rabatte zu bekommen“. Es ist davon auszugehen, dass zumal die rot und grün regierten Länder – die bis auf Baden-Württemberg klamm sind – mit dem Bund über alles streiten, was Geld kostet. Besonders die Grünen, deren Macht nun dauerhaft auf ihre Länderregierungen begrenzt bleibt, werden versuchen, ihre föderalen Trümpfe auszuspielen.