Bouffier verlangt Ehrenwort, dass SPD die Linke nicht beteiligt

Wiesbaden. Strahlende Gesichter zunächst nur bei der Linkspartei, der restliche Landtag eher im Schockzustand. Zwar war vorher klar gewesen, dass es am Ende knapp werden würde für eine neue Regierung gleich welcher Couleur. Aber dass offenbar nur Koalitionen in Betracht kommen, die eigentlich politisch nicht erwünscht sind, das hatte in Hessen niemand erwartet, und das bescherte im Wiesbadener Landtag – zumindest bei Bekanntgabe der ersten Prognosen – eine ziemlich trübe Stimmung.

Im Hessischen Landtag hatten die Parteien länger als im Bund auf die ersten Hochrechnungen warten müssen. Zunächst wurde die „große“ Wahl ausgezählt, dann erst die Stimmen für den Landtag. Die ersten belastbaren Zahlen machten dann klar, dass CDU leicht und die SPD kräftig gewonnen hatte, was die Anhänger bei den Wahlpartys jubeln ließ. Doch zugleich mussten die Christdemokraten die Nachricht verkraften, dass es nicht noch einmal für Schwarz-Gelb reichen würde. Und die Sozialdemokraten freuten sich zwar unbändig über das stärkste Plus aller Parteien, doch auch hier gab es eine bittere Botschaft: Das Projekt Politikwechsel hin zu Rot-Grün in Hessen war krachend gescheitert – wegen des unerwartet schwachen Ergebnisses der Ökopartei. Bei den Grünen war die Stimmung dementsprechend im Keller.

Nach Bekanntgabe der ersten Hochrechnung um 19 Uhr hatten sich zumindest die Spitzenkandidaten der beiden großen Parteien wieder gefangen. CDU-Chef Volker Bouffier ließ sich von seinen Anhängern in den Räumen der Landtagsfraktion für die „tolle Aufholjagd“ feiern. Die Partei sei klar stärkste Kraft in Hessen geworden, sagte er und beanspruchte prompt die Führung einer künftigen Regierung. „Hessische Verhältnisse, also eine unstabile Regierung, kann sich das Land nicht leisten.“ Fast zeitgleich betonte SPD-Spitzenmann Thorsten Schäfer-Gümbel vor jubelnden Anhängern in einem Festzelt unweit des Parlaments: „Ich sage ganz klar: Wir wollen gestalten und nicht nur zuschauen.“

Bei den Verhältnissen zu diesem Zeitpunkt hieß das allerdings: entweder Große Koalition oder Rot-Rot-Grün. Daher betonte CDU-Ministerpräsident Bouffier auch gleich, er warte nun auf das „Ehrenwort" von Schäfer-Gümbel, die Linke außen vor zu lassen: „Entweder gibt es einen zweiten Wortbruch, oder es gibt stabile Verhältnisse.“

Der SPD-Spitzenmann wollte sich aber nicht zu „Kaffeesatzleserei“ verführen lassen. Es sei schließlich noch nicht einmal klar, ob die Linkspartei überhaupt in den Landtag komme, sagte Schäfer-Gümbel. Er hatte vor der Wahl keine Koalition völlig ausgeschlossen, zugleich aber betont, dass er für ein Bündnis mit Union oder Linkspartei keine Basis sehe. Auch der enttäuschte grüne Spitzenkandidat Tarek al-Wazir wollte keine Absage an die Linkspartei formulieren. Sie wäre seine einzige Chance, doch noch an die Regierungsmacht zu kommen. Linke-Spitzenkandidatin Janine Wissler triumphierte: Die Wähler hätten gezeigt, dass SPD und Grünen ein linkes Korrektiv zur Seite gestellt werden müsse. „Unsere Ziele haben wir wieder erreicht: wieder in den Landtag einziehen und Schwarz-Gelb abwählen.“

Den Sonntag überschattete die Nachricht vom Tod des früheren hessischen CDU-Ministerpräsidenten Walter Wallmann, der kurz vor seinem 81. Geburtstag gestorben ist. Er war 1986 auch Deutschlands erster Umweltminister.