Die Euro-Gegner um den Hamburger Wirtschaftsprofessor Bernd Lucke liegen nach einer INSA-Erhebung bei fünf Prozent und könnten tatsächlich die Regierungsbildung beeinflussen. Union bei 38, SPD bei 28 Prozent.

Berlin. Zwei Tage vor der Bundestagswahl wird der Ausgang immer ungewisser. Erstmals hat die eurokritische Partei Alternative für Deutschland (AfD) in einer Umfrage fünf Prozent erreicht und käme so ins neue Parlament. Sollte sich dies am Sonntag bestätigen, gäbe die Partei möglicherweise den Ausschlag für die Machtverteilung in Deutschland. Die vom Hamburger Wirtschaftsprofessor Bernd Lucke angeführte AfD wendet sich gegen die „desaströse Euro- und Finanzpolitik der Bundesregierung“ und will eine Volksabstimmung über die Euro-Rettung.

Nach der Erhebung des Meinungsforschungsinstituts INSA, das auch für die „Bild“-Zeitung arbeitet, erreichen CDU und CSU 38 Prozent und die FDP sechs Prozent. Dagegen kommt die SPD auf 28, die Grünen auf acht und die Linke auf neun Prozent. Die Piraten zögen mit zwei Prozent nicht in den Bundestag ein. Damit liegt Schwarz-Gelb einen Prozentpunkt hinter den bisherigen Oppositionsparteien und könnte nicht weiterregieren. Auch eine rot-grüne Koalition wäre nicht möglich. Als einzige Option bliebe eine Große Koalition, da die SPD ein Zusammengehen mit der Linkspartei ausgeschlossen hat. INSA hat 2248 Wahlberechtigte nach der Bayern-Wahl am Sonntag befragt.

Auch das am Donnerstagabend veröffentlichte aktuelle ZDF-Politbarometer sieht den Wahlausgang so offen wie selten. Danach kommen Union (40 Prozent) und FDP (5,5) auf eine hauchdünne Mehrheit vor den Sozialdemokraten (27), den Grünen (neun) und der Linken (8,5 Prozent). Die AfD würde mit vier Prozent den Einzug in den Bundestag knapp verpassen. Aber: Immer noch sind dieser Umfrage zufolge erst 66 Prozent der Wahlberechtigten sicher, wem sie ihre Stimme geben.

Streit um Rechtspopulismus

Nach Ansicht des Chefs des Meinungsforschungsinstituts Forsa, Manfred Güllner, spricht die AfD ein rechtspopulistisches bis rechtsradikales Wählerpotenzial an. „Das sind überwiegend Männer, überwiegend Alte, überwiegend Gutsituierte aus den oberen Mittelschichten, die extreme Existenz-, Status- und Zukunftsängste haben.“ Der frühere Industriepräsident Hans-Olaf Henkel, der für die AfD wirbt, warf dem Meinungsforscher Stimmungsmache vor. Für eine Einstufung als rechtspopulistisch gebe es null Beweise. Der Hamburger AfD-Spitzenkandidat Jörn Kruse sagte: „Wir sehen uns zunächst in der Opposition, weil wir eine Bürgerinitiative gegen den Euro sind.“

Unterdessen verzeichnen die großen Städte einen Ansturm von Briefwählern. Nach einer dpa-Umfrage forderten deutlich mehr Bürger in Hamburg, Berlin, München, Köln, Frankfurt, Stuttgart, Düsseldorf, Dortmund und Essen Briefwahlunterlagen an als bei der Bundestagswahl vor vier Jahren. Damals gaben 21,4 Prozent der Wähler ihre Stimme auf dem Postweg ab.