Hannover. Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik muss sich ein früheres Staatsoberhaupt vor Gericht verantworten: Am 1. November will das Landgericht Hannover gegen Alt-Bundespräsident Christian Wulff einen Prozess wegen Vorteilsnahme eröffnen. Ein entsprechender Beschluss der Zweiten Großen Strafkammer soll nach Informationen des Abendblatts am 27. August verkündet werden. Landgerichtssprecher Martin Grote wollte dies am Donnerstag noch nicht bestätigen. Hintergrund dafür ist offenbar, dass die Entscheidung der Strafkammer Staatsanwaltschaft und Verteidigern noch nicht zugestellt worden ist.

Die Staatsanwaltschaft Hannover hatte im April Anklage gegen Wulff und den Filmunternehmer David Groenewold erhoben. Sie wirft Wulff vor, sich 2008 als niedersächsischer Ministerpräsident für ein Filmprojekt Groenewolds eingesetzt zu haben. Im Gegenzug habe Groenewold Teile einer Hotelrechnung und einen Aufenthalt auf dem Münchner Oktoberfest übernommen. Die Staatsanwälte sahen es damit als „hinreichend wahrscheinlich“ an, dass Wulff und Groenewold sich der Bestechlichkeit beziehungsweise der Bestechung schuldig gemacht haben. Der Vorsitzende der Strafkammer hat sich diese Ansicht offenbar nur zum Teil zu eigen gemacht. Frank Rosenow will die Hauptverhandlung nach Abendblatt-Informationen „nur“ wegen Vorteilsnahme bzw. Vorteilsgewährung führen.