Christian Wulffs ehemaliger Sprecher Olaf Glaeseker kämpft verzweifelt gegen eine Verurteilung wegen Bestechlichkeit. Seine Chancen stehen nicht sehr gut

Hannover. Es ist mal wieder nicht gut gelaufen für Olaf Glaeseker. Monatelang hatte er mit seinen Verteidigern eine Erwiderung auf die Klageschrift der Staatsanwaltschaft Hannover erarbeitet. Hatte versucht, deren Bestechlichkeitsvorwürfe Punkt für Punkt zu widerlegen, und das Papier vorab dem „Spiegel“ zukommen lassen. Und dann war das Ergebnis doch wieder nicht so, wie es sein sollte. Denn der Satz, der hängen bleibt von dem kleinen Bericht, war derjenige, der Glaeseker als „Hansdampf“ beschrieb, „dem augenscheinlich jedes Sensorium dafür fehlt, wie weit Freundschaft mit einem Geschäftspartner gehen sollte“. Eine Diagnose, die in einem Bestechungsverfahren nicht unbedingt die erhoffte Entlastung bedeutet.

Die Wahrscheinlichkeit, dass die Vorsitzende der Zweiten Strafkammer des Landgerichts, Renata Bürgel, Olaf Glaeseker sowie seinem mitangeklagten Freund und Party-Veranstalter Manfred Schmidt den Prozess macht, ist durch die vorzeitige Veröffentlichung der Erwiderung eher größer geworden. Glaeseker wird wohl vor Gericht um Kopf, Kragen und Altersversorgung kämpfen müssen. Anders als im Fall Wulff, dessen Ehrensold unantastbar ist, würde eine Verurteilung wegen Bestechlichkeit für den 51-Jährigen ab einer Strafe von sechs Monaten gleichbedeutend sein mit der Aberkennung seiner Pensionsansprüche.

Nach der Aktenlage deutet vieles darauf hin, dass Wulffs langjähriger Regierungssprecher seinem Freund Manfred Schmidt die Taschen gefüllt hat, indem er Sponsoren für dessen Nord-Süd-Dialoge heranschaffte. Unter diesem Namen trafen sich zwischen 2007 und 2009 Politik, Prominenz und Wirtschaftsgrößen aus Niedersachsen und Baden-Württemberg zum fröhlichen Small Talk. Unterm Strich, so die Anklage, habe Schmidt daran rund 800.000 Euro verdient. Im Gegenzug soll der Partyveranstalter seinem Kumpel Glaeseker ein paar Urlaube spendiert haben samt Flug und Unterkunft.

Christian Wulff ist die größte Enttäuschung des Olaf Glaeseker, seit die Präsidentenaffäre Ende 2011 ins Rollen kam. Glaeseker war von dem wegen seines Eigenheimkredits unter Druck stehenden Wulff entlassen worden, nachdem die Vorwürfe in Sachen Nord-Süd-Dialog bekannt geworden waren. Wulff weigerte sich später auch, Glaeseker zu entlasten. Den entsprechenden Wunsch seines Ex-Sprechers beantwortete er per SMS abschlägig: „Warum sollte ich das tun?“ Eine weitere Enttäuschung für Glaeseker brachte die Vernehmung des damaligen Chefs der Niedersächsischen Staatskanzlei, Lothar Hagebölling, der den Staatsanwälten den Schluss nahelegte, dass Glaeseker quasi allein zuständig gewesen sei für Schmidts „Nord-Süd-Partys“. Eine für ein mögliches Strafmaß entscheidende Einschätzung.

Glaesekers Anwälte ihrerseits sind in der Klageerwiderung spürbar bemüht, das bei einer Verurteilung drohende Strafmaß zu reduzieren, so weit es geht. So wird versucht, die Summe von 12.000 Euro, mit der die Staatsanwaltschaft Glaesekers Vorteil beziffert hat, als viel zu hoch darzustellen. Außerdem soll die Mitwisserschaft des Dienstherrn, Christian Wulff, herausgearbeitet werden. Es sei naheliegend, „dass die Erinnerung des Zeugen Wulff“ bezüglich der Aufenthalte Glaesekers bei Schmidt „lückenhaft ist“. Freundlicher kann man den Vorwurf der Falschaussage kaum formulieren

Glaeseker war seinem Dienstherrn Wulff gegenüber zutiefst loyal. Weniger transparent war das enge Verhältnis zwischen Glaeseker und Schmidt. Deren jahrelange Vertrautheit hätte es zwingend notwendig gemacht, Glaeseker jeder Verantwortlichkeit für das Gelingen des Nord-Süd-Gipfels, also einer kommerziellen Veranstaltung Schmidts, zu entbinden. Auf diese Vertrautheit nicht ausdrücklich hingewiesen zu haben, dem Anschein, er diene in Sachen Nord-Süd-Dialog womöglich zwei Herren, nicht offensiv entgegengetreten zu sein, war Glasekers Kardinalfehler. Darüber, nicht über einen bewusst kriminellen Akt, wird das Landgericht Hannover urteilen müssen.