Umfrage: Viele fürchten auch den Verlust ihrer Unabhängigkeit und einen Karriereknick

Hamburg. Der Befund ist ernüchternd: ein hoher finanzieller Aufwand für die Betreuung von Kindern, die Angst vor dem Verlust der eigenen Unabhängigkeit und die Sorge, der beruflichen Karriere zu schaden – das sind für die Deutschen die wichtigsten Ursachen für die niedrige Geburtenrate hierzulande. Zu diesem Ergebnis kommt eine Umfrage der Hamburger BAT-Stiftung für Zukunftsfragen. „Die Unsicherheit, ja fast schon Angst vor der Familiengründung hält bei vielen Bundesbürgern an“, sagte der wissenschaftliche Leiter der Stiftung, Prof. Ulrich Reinhardt.

Derzeit bekommt eine Frau in Deutschland rechnerisch im Schnitt 1,36 Kinder. 2012 wurden hierzulande 674.000 Kinder geboren. Das waren nach Angaben des Statistischen Bundesamts zwar 11.000 Kinder mehr als im Jahr zuvor. Allerdings war 2011 die Zahl der Geburten auf 663.000 und damit auf den niedrigsten Stand in der Geschichte der Bundesrepublik gesunken. Die meisten Kinder seit dem Zweiten Weltkrieg wurden in Deutschland im Jahr 1964 geboren. Damals kamen knapp 1,4 Millionen Babys zur Welt.

Den Ergebnissen der BAT-Studie zufolge gaben 67 Prozent der Befragten an, die hohen Kosten seien ein Grund, auf ein Kind zu verzichten. Der Wert habe sich deutlich erhöht, sagte Reinhardt. 2011 seien es lediglich 58 Prozent gewesen. Schätzungen des Statistischen Bundesamts gehen davon aus, dass Familien im Monat rund 550 Euro für ein Kind ausgeben. Von der Geburt bis zum 18. Lebensjahr summiere sich das auf durchschnittlich 121.000 Euro.

Das staatliche Kindergeld fängt diese Aufwendungen nur zu einem kleinen Teil auf. Für das erste und zweite Kind erhalten die Eltern monatlich jeweils 184 Euro, für das dritte Kind 190 Euro und für das vierte sowie jedes weitere Kind 215 Euro. Auch wenn inzwischen Unternehmen vermehrt Kindertageseinrichtungen betreiben und Mütter wie Väter Erziehungsurlaub beantragen können, vertritt mehr als die Hälfte der Befragten (54 Prozent) den Standpunkt, Karriere und Familie seien nur schlecht zu vereinbaren. Auch dieser Wert stieg im Vergleich zu der Untersuchung im Jahr 2011 – und zwar um sechs Prozentpunkte.

Knapp die Hälfte (45 Prozent) der Befragten beklagt der Studie zufolge schlechte staatliche Voraussetzungen wie etwa fehlende Kita-Plätze. Allerdings hemmen auch Unsicherheiten in der Partnerschaft die Familiengründung. 39 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass der richtige Partner fehlt. 18 Prozent sehen Angst vor Scheidung und Alleinerziehung als Grund für Kinderlosigkeit. Für die repräsentative Untersuchung waren im Juni und Juli dieses Jahres 2000 Menschen befragt worden.

Um die Geburtenrate zu erhöhen, gibt es seit Donnerstag zwei einschneidende Veränderungen in der Familienpolitik: Zum einen haben Eltern von ein- und zweijährigen Kindern jetzt einen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz. Zum anderen startete das umstrittene Betreuungsgeld. Eltern, die ihre Kinder von ein bis drei Jahren nicht in einer Kita betreuen lassen wollen, erhalten derzeit 100 Euro monatlich.