Berlin. 68 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ruft das Simon-Wiesenthal-Center die Deutschen noch einmal zu einer großen Fahndungsaktion nach Naziverbrechern auf. Im Rahmen der Kampagne „Spät. Aber nicht zu spät! Operation Last Chance II“ sollen ab kommender Woche in mehreren deutschen Großstädten große Plakate dazu auffordern, noch lebende und bisher nicht verurteilte NS-Kriegsverbrecher aufzuspüren und vor Gericht zu bringen, teilt die Menschenrechtsorganisation am Mittwoch in Berlin mit. Für sachdienliche Informationen sind Belohnungen von bis zu 25.000 Euro ausgesetzt. Auf den Postern ist ein Schwarz-Weiß-Foto des berühmten Tores des Vernichtungslagers Birkenau zu sehen. Darüber ist der Slogan „Spät, aber nicht zu spät“ gedruckt.

Ausgangspunkt für die Kampagne ist die Verurteilung von John Demjanjuk im Jahre 2011 in München. Nach Meinung des Wiesenthal-Centers hat diese Entscheidung die Rechtslage erheblich verändert und den Weg für weitere Verurteilungen geebnet. Erstmals in der deutschen Rechtsgeschichte sei klargestellt worden, dass zur Anklage wegen Beihilfe zum Mord jede Aufsehertätigkeit in Vernichtungslagern und die Mitgliedschaft in den Einsatztruppen ausreiche. Der gebürtige Ukrainer Demjanjuk wurde wegen Beihilfe zum Mord in Tausenden Fällen im Vernichtungslager Sobibor verurteilt.

Ermutigt fühlen sich die Nazi-Jäger auch durch die im Juni erhobene Anklage der ungarischen Justiz gegen den 98-jährigen Laszlo Csatary, der an der Deportation von 15.700 Juden mitgewirkt haben soll. Im Mai hatte die deutsche Justiz den früheren SS-Mann und KZ-Wärter in Auschwitz, Hans Lipschis, verhaftet. Ihm wird Beihilfe zum Mord in 9515 Fällen vorgeworfen. Der Leiter des Wiesenthal-Centers in Jerusalem und Koordinator der Verfolgung von Nazi-Verbrechen, Efraim Zuroff, sagte: „Jede Anklage ist eine wichtige Erinnerung daran, dass Gerechtigkeit für die Opfer des Holocaust immer noch erreicht werden kann.“