Innenminister Friedrich hat sich in Washington um Antworten bemüht. Völlig unzureichend, urteilt die Opposition

Berlin. Deutsche Oppositionspolitiker fordern von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die Aufklärung der Geheimdienst-Spähaffäre zur Chefsache zu machen. Der deutsche Innenminister Hans-Peter Friedrich informierte am Dienstag im Parlamentarischen Kontrollgremium die Abgeordneten über die bisherigen Erkenntnisse. Die Opposition aus Sozialdemokraten, Linke und Grüne werteten diese jedoch als völlig unzulänglich. Der Vorsitzende des Kontrollgremiums, Thomas Oppermann, sagte, Merkel müsse die Sache selbst in die Hand nehmen. Möglicherweise will das Kontrollgremium die Regierungschefin noch selbst befragen.

Der US-Geheimdienst NSA überwacht angeblich im großen Stil die Kommunikation von Bürgern und Politikern in Deutschland. Auch Wochen nach den ersten Enthüllungen darüber sind viele Fragen noch immer offen. Friedrich war Ende vergangener Woche in die USA gereist, um dort mit Regierungsvertretern direkt über die Vorwürfe zu reden. Oppermann kritisierte, Friedrich sei mit „leeren Händen“ zurückgekommen, die Amerikaner verweigerten die Auskunft über die NSA-Praxis. Nun müsse sich Merkel direkt einschalten. „Die Kanzlerin muss jetzt mehr Druck machen.“

In der Sitzung des Kontrollgremiums versicherten die Vertreter von Regierung und Nachrichtendiensten erneut, sie hätten von der Überwachungspraxis der Amerikaner nichts gewusst. Die Verfassungsschützer sagten laut Teilnehmern auch, sie hätten keine Erkenntnisse darüber, dass tatsächlich Leitungen oder Internetknotenpunkte auf deutschem Boden angezapft worden seien. Die Klärung der Vorwürfe gehe weiter, sagte Friedrich. Wichtig sei aber, nicht nur aufzuklären, sondern auch über Konsequenzen zu reden. Er warb dafür, den Unternehmen in der EU strengere Regeln für die Datenweitergabe aufzuerlegen. Alle Firmen – auch Internetunternehmen – sollten verpflichtet werden, zu melden, wenn sie Daten europäischer Bürger an außereuropäische Stellen weiterreichten.

Der Innenminister betonte, die Bürger müssten sich auch selbst mehr Gedanken über den Schutz ihrer Kommunikation im Internet machen. Sie müssten sich vor Augen führen, welche Gefahren dort lauerten und wie sie diese gemeinsam mit dem Staat abwehren könnten. Nach dem Kontrollgremium will Friedrich an diesem Mittwoch auch im Innenausschuss des Bundestags Rede und Antwort stehen.

NSA-Enthüller Edward Snowden hat unterdessen in Russland einen förmlichen Antrag auf vorübergehendes Asyl gestellt. Dies berichtete der Moskauer Anwalt Anatoli Kutscherena, der den 30-jährigen früheren US-Geheimdienstmitarbeiter am Freitag in der Transitzone des Moskauer Flughafens Scheremetjewo getroffen und rechtlich beraten hatte. Das Asylgesuch sei am Dienstag der Migrationsbehörde übermittelt worden, sagte Kutscherena.

Snowden hatte bereits vergangene Woche angekündigt, in Russland um Asyl nachzusuchen, zumindest bis er weiter nach Lateinamerika fliegen könne. Snowden hatte mit Enthüllungen über Datensammel- und Spähprogramme des US-Geheimdiensts NSA weltweit für Aufsehen gesorgt.