Verwaltungsrat der Hamburger HEK spricht sich bei Besuch von Minister Bahr für Erhalt der Privaten Krankenversicherung aus

Hamburg. Es ist ein beispielloser Vorgang im deutschen Gesundheitswesen, mitten im Bundestagswahlkampf zudem: Der Verwaltungsrat einer gesetzlichen Krankenkasse spricht sich für den Erhalt der Privaten Krankenversicherung (PKV) in Deutschland aus. Das Aufsichtsgremium der Hanseatischen Krankenkasse (HEK) verabschiedete sogar eine Resolution gegen die sogenannte Bürgerversicherung, die SPD, Grüne und Teile der Linken einführen wollen.

Die HEK gehört zu den „Mittelständlern“ in der deutschen Kassenlandschaft: 422.000 Versicherte, davon die meisten in Hamburg, allerdings wie der große Nachbar Techniker Krankenkasse (acht Millionen Versicherte) wirtschaftlich kerngesund. Die Zahl der Versicherten wächst um fünf Prozent. In diesem Jahr wird sogar eine Prämie an die Mitglieder ausgezahlt. Und nun diese Überraschung.

„Wir treten ein für Wettbewerb und Kassenvielfalt, denn beides garantiert die bestmögliche Versorgung der Versicherten“, sagte HEK-Verwaltungsratschef Horst Wittrin. Die HEK und Vorstandschef Jens Luther fürchten außerdem eine Art Einheitsversicherung, wenn die Privaten abgeschafft würden.

Das sieht man im SPD-regierten Hamburg selbstredend anders. Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks favorisiert die Bürgerversicherung (das Abendblatt berichtete). Die Privatversicherung soll nach diesen Plänen langsam absterben oder nur noch Zusatzangebote machen.

Die SPD will Besserverdiener zukünftig stärker zur Kasse bitten, indem die Beitragsbemessungsgrenze angehoben wird. Derzeit zahlt man nur Krankenkassenbeiträge bis zu einem Monatsgehalt von knapp 4000 Euro brutto. Der HEK-Verwaltungsrat wendet ein, dass in einer Bürgerversicherung auch die Staatsdiener versichert wären. Die Beamten allerdings seien im Schnitt deutlich häufiger krank als die normalen GKV-Versicherten. Dadurch würden die Kosten für die Gesetzliche deutlich steigen, was wiederum zu höheren Beiträgen für alle führen würde.

„Die SPD führt die Einheitskasse im Schilde“, lästerte Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr, der am Donnerstag vor HEK-Mitarbeitern sprach. Bahr kritisierte, dass einige Kassen anders als die HEK ihre Kosten nicht im Griff hätten. Durch die Zusatzbeiträge – oder eine Prämie – gebe es inzwischen einen Wettbewerb unter den Kassen. Und Minister Bahr warnte buchstäblich vor der eigenen Kaste: Wenn die Bürgerversicherung komme, würden die regierenden Politiker immer wieder eingreifen.

Zurzeit belaufen sich die Reserven der gesetzlichen Kassen auf 15 Milliarden Euro. Zusätzlich hat der Gesundheitsfonds eine milliardenschwere „Liquiditätsreserve“. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ist geneigt, den Bundeszuschuss deshalb zu kürzen. Die meisten Krankenkassenchefs wollen wieder die Hoheit über den Beitrag, sprich: selbst festsetzen, wie viel Prozent vom Monatsbrutto sie für die Krankenversicherung verlangen. Bahr will dagegen beim Einheitsbeitrag von 15,5 Prozent (7,3 Prozent Arbeitgeber, 8,2 Prozent Arbeitnehmer) bleiben.