Bauminister Ramsauer nennt Rückgang der Bevölkerung in zahlreichen Regionen als Ursache. Studie lobt Hamburger Wohnungsbauprogramm. Gut ein Viertel der Landkreise sind von Schrumpfungsprozessen betroffen.

Berlin. In zahlreichen Landkreisen und Städten entwickeln sich Wohnungsleerstände zum ernsthaften Problem für Eigentümer und Unternehmen. Zu diesem Schluss kommt eine Studie des Bundesbauministeriums. Viele Regionen seien von Abwanderung, Alterung und Arbeitslosigkeit betroffen. „Für Einzeleigentümer von Immobilien ebenso wie für wohnungswirtschaftliche Unternehmen stellen hohe oder zunehmende Wohnungsleerstände in wirtschaftlich schwächer aufgestellten Regionen zentrale Probleme dar“, heißt es in der Studie, die die Wissenschaftler des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung im Auftrag des Ministeriums erarbeitet haben. Laut Ministerium sind gut ein Viertel der Landkreise von Schrumpfungsprozessen betroffen, die sich auch auf die Mieten auswirkten.

Nicht mehr marktgängige Wohnungen würden zwar teilweise, unterstützt durch Förderprogramme von Bund und Ländern, abgerissen. Aus den bestehenden Vermarktungsschwierigkeiten ergäben sich aber trotzdem verringerte Investitionsmöglichkeiten der Eigentümer aufgrund niedriger oder fehlender Mieteinnahmen. Auch der Verkauf von Immobilien sei hier deutlich erschwert: „So können Käufer gänzlich ausbleiben oder die für die Altersvorsorge erwarteten Erlöse aus dem Verkauf nicht erzielt werden.“ Neben den individuellen Nachteilen würden leer stehende Wohnungen und erst recht leer stehende Gebäude negativ auf das Wohnumfeld und das Ortsbild wirken.

In den von Schrumpfung geprägten Regionen würden stagnierende oder nur leicht steigende Angebotsmieten dominieren. Hier stünden somit die Eigentümer ebenso wie die Städte und Gemeinden bei knappen finanziellen Ressourcen vor ganz anderen Herausforderungen als die „teuren“ Städte mit Wohnungsengpässen. Bei besagten Angebotsmieten handelt es sich um Mietdaten, die auf Annoncen aus Tageszeitungen und Internetplattformen für Neu- und Wiedervermietungen basieren. Diesen Daten zufolge ist das Problem der sinkenden Mietpreise in der Uckermark mit einem Minus von 5,8 Prozent in den Jahren 2011 und 2012 besonders gravierend. Auch in Pirmasens (minus 3,9 Prozent), Hof und Wunsiedel (jeweils minus 2,8 Prozent) und Nordfriesland (minus 2,7 Prozent) sind die Mietangebote günstiger geworden.

Zwar kommt die Studie zu der Erkenntnis, dass durch die Bund-Länder-Programme Stadtumbau Ost und Stadtumbau West mittlerweile umfangreiche Erfahrungen mit diesem Strukturwandel vorliegen und dass damit bereits in zahlreichen Kommunen strukturelle Defizite abgebaut und nicht mehr marktgängige Wohnungen abgerissen werden konnten. Doch die Empfehlung an die Politik ist eindeutig: Es besteht weiterhin „Handlungsbedarf“.

Mietsteigerungen lagen in vergangenen Jahren unter der Teuerungsrate

Den sieht auch Bauminister Peter Ramsauer (CSU). „Wir haben in Deutschland auch Regionen, in denen der Leerstand von Wohnungen zunimmt. Das liegt am Rückgang der Bevölkerung, an der Demografie“, sagte er. Im Rahmen des Städtebauförderungsprogramms „Kleinere Städte und Gemeinden“ stellt er in diesem Jahr 55 Millionen Euro bereit – nach rund 44 Millionen Euro im Jahr 2012. „Damit werden ganz gezielt über 550 Kommunen bei der Erhaltung und Anpassung ihrer Infrastruktur unterstützt“, so Ramsauer.

Die Wissenschaftler zeichnen ein verändertes Bild vom Wohnungsmarkt in Deutschland, das sich deutlich von den Horrormeldungen der vergangenen Jahre über Wohnraumknappheit und drastische Mieterhöhungen in Metropolen wie München, Hamburg und Berlin absetzt. Dort war zuletzt immer wieder von Steigerungen von 30 bis 50 Prozent bei Neuvermietungen zu hören. In der Studie ist von derartigen Auswüchsen nichts zu lesen: „Mietensteigerungen sind in Deutschland zwar stärker verbreitet als noch vor zwei bis drei Jahren, jedoch kein Massenphänomen. In vielen Regionen sind entspannte Wohnungsmarktkonstellationen anzutreffen.“

Auch kritisieren die Wissenschaftler, dass in der medialen Berichterstattung der aktuellen Mietensteigerungen die Mietenentwicklungen der weiter zurückliegenden Jahre „etwas aus dem Blick“ geraten sei. So seien bis Mitte der 2000er-Jahre die Angebotsmieten rückläufig gewesen, in den Jahren 2006/2007 hätten sie stagniert. Erst ab 2008 seien leichte nominale Steigerungen erkennbar. Insgesamt habe die Dynamik der Angebotsmieten über Jahre deutlich unterhalb der Teuerungsrate gelegen. Für das laufende Jahr erwarten die Immobilienexperten eine moderate Mietensteigerung von drei Prozent.

Doch gerade weil in Großstädten und Ballungsgebieten der Wohnraum knapp wird, will sich die Politik einmischen. Um mehr Neubauten zu schaffen und den Wohnraum bezahlbar zu halten, setzt Ramsauer auf die Wiedereinführung einer Eigenheimzulage. Man müsse die Eigentumsquote weiter steigern. „Dazu kann die Eigenheimzulage beitragen – allerdings in einer klein kalibrierten, zielgerichteten Form für Familien.“ Eigentum habe einen beständigen Wert, „das müssen wir unterstützen“. Ein besonderes Lob haben die Autoren der Studie für das SPD-regierte Hamburg parat. Die Stadt habe das Ziel, jährlich 6000 Wohnungen zu bauen, davon 2000 als geförderte Wohnungen, erreicht. Zudem loben sie, dass in Hamburg die Berücksichtigung bezahlbaren Wohnraums „einen hohen Stellenwert“ hat.