DGB-Chef Sommer fordert Aussetzungder Regierungspläne

München. Viele Beschäftigte in Deutschland halten es für unrealistisch, bis zum 67. Lebensjahr arbeiten zu können. Das geht aus einer repräsentativen Umfrage des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) hervor, die der „Süddeutschen Zeitung“ vorliegt. Danach rechnen 47 Prozent der Befragten nicht damit, dass sie bis zum Rentenalter durchhalten. 42 Prozent erklärten dagegen, sie würden dies schaffen. Für die DGB-Umfrage wurden knapp 5000 Beschäftigte befragt.

Ob sich ein Arbeitnehmer für arbeitsfähig bis zur gesetzlichen Regelaltersgrenze einschätzt, hänge vor allem vom Beruf ab: Nur in einem Drittel der Branchen hält es mehr als die Hälfte der Beschäftigten für wahrscheinlich, dass sie das Rentenalter erreichen, etwa in der Chemieindustrie, in der öffentlichen Verwaltung oder in der Wissenschaft. Besonders gering ist der Anteil im Gastgewerbe, im Sozialwesen oder bei Leiharbeitern und Reinigungskräften. Hier rechnet laut Umfrage nicht einmal ein Drittel der Beschäftigten damit, die Arbeitsfähigkeit bis zur neuen Regelaltersgrenze zu erhalten. Je schlechter die Arbeitsbedingungen, je mehr Schichtarbeit, je mehr schwere körperliche Tätigkeit anfallen, desto häufiger seien sich Arbeitnehmer sicher, dass sie ungewollt in Frührente müssen, erklärte der DGB.

Entwicklung privater oder betrieblicher Zusatzrenten ist kaum berechenbar

DGB-Chef Michael Sommer forderte deshalb: „Die Bundesregierung muss endlich einsehen, dass die Rente mit 67 für die meisten Beschäftigten unter den derzeitigen Arbeitsbedingungen unerreichbar ist und zumindest ausgesetzt werden muss.“ Die Rente mit 67 wird seit Anfang 2012 schrittweise eingeführt. Erst von 2030 an gilt das 67. Lebensjahr als neue Regelaltersgrenze.

Ein Vorzeitiger Renteneintritt bedeutet auch Abschläge bei den gesetzlichen Altersbezügen. Die Entwicklung privater oder betrieblicher Zusatzrenten, um diese auszugleichen, ist aber kaum berechenbar. Anbieter privater Versicherungen seien weder zu jährlichen Erhöhungen verpflichtet, noch gebe es Anpassungen an die Lohnentwicklung, heißt es in einer Studie im Auftrag der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Wer zufällig ein renditeschwaches Produkt erwischt habe, müsse im Alter mit sinkendem Lebensstandard rechnen.