Der deutsche Geheimdienst will 100 Millionen Euro für Ausspähung von Internet-Kommunikation erhalten.

Berlin/München. Der Bundesnachrichtendienst (BND) will die Überwachung des Internets trotz des Skandals um die amerikanische Datenspionage massiv ausweiten. Wie der „Spiegel“ berichtet, hat der deutsche Auslandsgeheimdienst dazu ein 100-Millionen-Euro-Programm aufgelegt, das sich über die kommenden fünf Jahre erstreckt. Mit dem Geld wolle der BND die Abteilung Technische Aufklärung um bis zu 100 neue Mitarbeiter aufstocken und in großem Umfang neue Rechen- und Serverkapazitäten aufbauen. In einer ersten Tranche habe die Bundesregierung bereits fünf Millionen Euro freigegeben.

Mit den neuen Kapazitäten will der BND dem Bericht zufolge ähnlich wie die amerikanische NSA sicherstellen, dass der grenzüberschreitende Datenverkehr möglichst umfassend überwacht werden kann. Im G10-Gesetz ist festgelegt, dass der Geheimdienst bis zu 20 Prozent der Kommunikation zwischen der Bundesrepublik und dem Ausland auf verdächtige Inhalte prüfen darf. Aufgrund technischer Probleme würden die Beamten bislang aber nur knapp fünf Prozent der E-Mails, Telefonate, Facebook-Konversationen oder Skype-Unterhaltungen auswerten.

Anders als der US-Geheimdienst NSA speichert der BND allerdings nicht den gesamten Internetverkehr auf Verdacht, sondern siebt die Kommunikation nur. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) rechtfertigte die Netzüberwachung. „Natürlich müssen auch unsere Nachrichtendienste im Internet präsent sein“, sagte er dem „Spiegel“. Der Staat müsse dafür sorgen, „dass wir Kontrollverluste über die Kommunikation von Kriminellen durch neue rechtliche und technologische Mittel ausgleichen“.

2011 wurden vom BND 2,9 Millionen E-Mails und SMS überprüft

2011 hatte der Bundesnachrichtendienst fast 2,9 Millionen E-Mails und SMS wegen des Verdachts auf Terrorismus, Waffen- oder Menschenhandel überprüft. Das geht aus einem Bericht des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestages hervor, der Anfang April bekannt wurde. Demnach stieß der Auslandsgeheimdienst bei seiner Suche aber nur in 290 Fällen auf „nachrichtendienstlich relevantes Material“.

In der Affäre um die Überwachung des Internets durch die USA – dem sogenannten Prism-Projekt – haben die Konzerne Microsoft und Facebook Details zu Behördenanfragen genannt. Im zweiten Halbjahr 2012 seien bei beiden Unternehmen zusammen Anfragen der US-Behörden zu rund 50.000 Nutzerkonten eingegangen, teilten sie mit.

Facebook teilte mit, es seien von Juli bis Dezember 2012 etwa 9000 bis 10.000 Anfragen eingegangen, die 18.000 bis 19.000 Konten in dem sozialen Onlinenetzwerk betroffen hätten. Dabei sei es sowohl um Fälle vermisster Kinder und gewöhnliche Kriminalfälle als auch um Anschlagsdrohungen gegangen. Microsoft sprach von 6000 bis 7000 Anfragen im selben Zeitraum. Hier seien 31.000 bis 32.000 Konten betroffen gewesen. Facebook, Microsoft und andere große Internetkonzerne wie Google, Apple und Yahoo sehen sich scharfer Kritik ausgesetzt, seit bekannt wurde, dass die Konzerne Daten ihrer Nutzer an den US-Geheimdienst NSA weitergaben.

Der Vize-Sicherheitsberater des US-Präsidenten kündigte derweil an, Barack Obama wolle Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bei seinem Besuch in Berlin erklären, dass Prism der Verhinderung von Anschlägen diene und deshalb im Interesse beider Länder sei. „Wir verstehen das große Interesse Deutschlands an der Privatsphäre“, versicherte Rhodes.