Grüne und SPD werfen dem Verteidigungsminister vor, beim gescheiterten Drohnenprojekt den Bundestag belogen zu haben

Berlin. Kurz vor der Bundestagswahl im September steuert der Bundestag auf einen neuen Untersuchungsausschuss zu. Grüne und SPD haben sich entschieden, noch in dieser Woche die Einsetzung eines Ausschusses zum gescheiterten Drohnen-Projekt zu beantragen. Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU), der sich am Montag im Verteidigungsausschuss den Fragen der Abgeordneten stellte, lehnte erneut einen Rücktritt ab. SPD, Grüne und Linkspartei werfen ihm vor, bei dem mehrere hundert Millionen Euro teuren Projekt das Parlament getäuscht und die Aufklärungsdrohne Euro Hawk trotz fehlender Flugzulassung zu spät gestoppt zu haben. Der CDU-Politiker erhielt Rückendeckung vom Sprecher der Bundeskanzlerin und von FDP-Politikern.

Für den zweiten Teil seines Rechfertigungskampfes in der Drohnen-Affäre bot Thomas de Maizière fast alles auf, was in seinem Ministerium Rang und Namen hat. Drei Staatssekretäre, den Generalinspekteur, den Luftwaffeninspekteur und den Rüstungsdirektor brachte der Verteidigungsminister am Montag zur Unterstützung mit in den Verteidigungsausschuss. Vier Stunden dauerte das Kreuzverhör, in dem die Opposition vor allem herausfinden wollte, ob der Minister tatsächlich erst vom ganzen Ausmaß des „Euro Hawk“-Debakels erfahren hat, als der Abbruch schon feststand.

Offensichtliche Widersprüche zu der Version des Ministers gab es zwar nicht. Allerdings sorgte der Minister selbst für erhebliche Irritationen. Er gab zu, schon vor dem 13. Mai von Problemen gewusst zu haben. „Es gab ein paar Informationen im Laufe der Zeit, zum Beispiel in Vorbereitung des Industriebesuches.“ Gemeint ist ein Besuch bei der Firma EADS/Cassidian in Manching bei Ingolstadt am 10. Dezember 2012. Damals erhielt er zur Vorbereitung aus seinem Haus eine 38-seitige Mappe – de Maizière spricht von einem Vermerk, nicht von einer Vorlage. EADS stellt die Aufklärungstechnik für den Euro Hawk her.

Der Ausschuss erbat eine Herausgabe des Vermerks. Doch das lehnt der Minister noch ab. Er wolle erst einmal prüfen, ob dadurch nicht ein Präzedenzfall geschaffen werde. Er verwies aber auch darauf, dass die Opposition mit einem Untersuchungsausschuss drohe. Das würde sich auf den Status des Dokuments ebenfalls auswirken.

Nach der Sitzung des Verteidigungsausschusses sprach sich die Opposition aus SPD, Grünen und Linkspartei dann auch übereinstimmend für einen Untersuchungsausschuss aus. Damit ist die erforderliche Zustimmung eines Viertels der Ausschussmitglieder gesichert.

SPD, Grüne und Linkspartei warfen de Maizière vor, sich immer mehr in Widersprüche zu verstricken. Nach seinem Auftritt im Ausschuss sei klar, dass sich die Linie des Ministers, er habe erst am 13. Mai 2103 von den Problemen mit der Drohne erfahren, nicht länger halten lasse. Schritt für Schritt weiche de Maizière dies nun auf, kritisierte der SPD-Verteidigungspolitiker Rainer Arnold. „Der Minister muss die Widersprüche im Ausschuss aufklären. Aber ich bin der festen Überzeugung, dass diese Widersprüche nicht mehr aufzuklären sind“, sagte er. De Maizière könne das Ministerium nicht mehr führen. Auch die Linkspartei forderte seinen Rücktritt.

Arnold und dem Grünen-Politiker Omid Nouripour zufolge gibt es etliche Hinweise, dass de Maizière bereits früher als im Mai vom Scheitern wusste. Zudem seien dem Parlament vom Ministerium Informationen vorenthalten worden, dass das Drohnen-Projekt wesentlich teurer werden könnte als ursprünglich angegeben.

Die SPD schloss sich der Forderung der Grünen nach einem Untersuchungsausschuss an. „Da Herr de Maizière offensichtlich nicht freiwillig bereit ist, umfassend zur weiteren Aufklärung beizutragen, kann nur ein Untersuchungsausschuss diese Aufgabe leisten“, teilte SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier mit. Offen blieb, ob nun der Verteidigungsausschuss in einen Untersuchungsausschuss umgewandelt oder ein anderer Weg beschritten werden soll.

Der Verteidigungsminister wies die Vorwürfe zurück und bekräftigte, man müsse zwischen „lösbaren“ und „unlösbaren“ Problemen unterscheiden. Dass die Schwierigkeiten „unlösbar“ seien, habe er erst am 13. Mai erfahren und dann sofort gehandelt. „Ein richtiges Ergebnis, das mit einem fehlerhaften Verfahren zustande gekommen ist, ist für mich allerdings kein Rücktrittsgrund, sondern Anlass und Ansporn, derartige Fehler in Zukunft zu vermeiden“, sagte er. Er habe selbst Fehler gemacht und hätte bei den Hinweisen, dass der Euro Hawk möglicherweise scheitern könne, intensiver nachfragen müssen.

De Maizière erhielt Rückendeckung in der schwarz-gelben Koalition. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, die Zustimmung der Kanzlerin habe sich nicht geändert. „Es gibt überhaupt keinen Grund, dass das nicht so wäre“, sagte er. Auch die FDP, bei der es am Wochenende kritische Stimmen gegeben hatte, stellte sich hinter den Minister. Die FDP unterstütze de Maizière bei der politischen Aufarbeitung, zu der er entschlossen scheine, sagte Generalsekretär Patrick Döring. Seine Kritik am Wochenende sei überinterpretiert worden. „Ich vertraue weiter diesem Minister“, sagte die verteidigungspolitische Sprecherin der FDP, Elke Hoff.

De Maizière ist für den morgigen Mittwoch erneut in den Verteidigungsausschuss einbestellt.