Die EZB redet ihr Anleihenkaufprogramm klein, um vor dem Bundesverfassungsgericht zu bestehen

Brüssel/Karlsruhe. Man werde „alles tun, was nötig ist, um den Euro zu retten“, gelobte Mario Draghi vergangenen Sommer. Große Worte des Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB), denen ein großes Programm folgte — eines, das es der EZB erlaubte, Staatsanleihen in unbegrenztem Umfang zu kaufen. Und das die Investoren so sehr beeindruckte, dass sie von Spekulationen gegen die Euro-Krisenländer seither absehen.

Als „Bazooka“ wird das Programm bezeichnet, in Anspielung auf den Namen einer großen Panzerabwehrwaffe. Doch nun das: Das Anleihenprogramm sei so groß gar nicht. Eigentlich sogar eine begrenzte Angelegenheit. So zumindest argumentiert die EZB in ihrer Stellungnahme für das Bundesverfassungsgericht, das in dieser Woche über die EZB-Politik verhandelt. Maximal 143 Milliarden Euro könnte die Zentralbank in spanische Staatsanleihen stecken, schreibt die EZB zu ihrem angeblich unbegrenzten Programm, im Falle Italiens wären es 343 Milliarden Euro.

Ist die Bazooka, mit der Draghi die Märkte so beeindruckte, in Wirklichkeit also nur eine Schreckschusspistole? Mitnichten, sagen Ökonomen. Aus ihrer Sicht tun die Märkte recht daran, auf die Obergrenzen nicht viel zu geben, weil sie nur äußerst schwammig definiert sind.

Auf 52 Seiten versucht die EZB die Bedenken gegenüber dem Anleihenprogramm OMT zu entkräften, über die die Karlsruher Richter von Dienstag an verhandeln. Denn die Kläger um den Europa-Kritiker Peter Gauweiler (CSU) argumentieren, dass die Zentralbank mit dem Anleihenkaufprogramm die Befugnisse überschritten hat. Sie wollen erreichen, dass zumindest die Bundesbank künftig nicht mehr an dem Programm teilnehmen darf.

Die Europäische Zentralbank reagiert auch auf die Kritik, unbegrenzte Anleihenkäufe schürten Inflationsgefahren. Sie argumentiert, dass die Transaktionen nur „kontrolliert und – im Ergebnis – auch in begrenztem Umfang erfolgen“. Die Zentralbank habe das Kaufprogramm auf Anleihen mit ein bis drei Jahren Restlaufzeit beschränkt. Dann rechnet der beauftragte Juraprofessor Frank Schorkopf vor, wie hoch der infrage kommende Anleihenbestand im Dezember 2012 war.

Für Spanien standen demnach Anleihen in einem Volumen von 143 Milliarden Euro aus, was 26 Prozent der Staatsschulden ausmacht. Bei Italien sind es 343 Milliarden Euro, was einem Anteil von 32 Prozent entspricht. Und die EZB habe ein Interesse daran, selbst diesen Spielraum nicht voll auszunutzen, heißt es in der Stellungnahme.

Diese Rechnung soll die Richter beschwichtigen, die bereits im Herbst Skepsis gegenüber Anleihenkäufen durchklingen ließen. Im September hatte das Bundesverfassungsgericht den Weg für den deutschen ESM-Beitrag frei gemacht, wenn auch unter Bedingungen: Das deutsche Haftungsrisiko dürfe nicht automatisch über die ausgehandelten 190 Milliarden Euro steigen, bei jeder Änderung müsse der Bundestag gefragt werden. Die Rolle der EZB wollten sie in dem jetzt anstehenden Hauptsacheverfahren prüfen.