Berlin. Die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Gleichstellung homosexueller Lebenspartnerschaften beim Ehegattensplitting wird den Staat in diesem Jahr 175 Millionen Euro kosten. Das geht aus einer Gesetzesvorlage der Bundesregierung hervor, die sich derzeit in der Ressortabstimmung befindet. Die Kosten werden für Bund, Länder und Gemeinden im Jahr 2014 auf 40 Millionen sinken, dann aber auf 70 Millionen jährlich ab 2017 ansteigen. Bisher hatte das Finanzministerium mit jährlichen Kosten von 30 Millionen Euro gerechnet.

Grund für die Korrektur sind die Ergebnisse des Mikrozensus, der Ende Mai veröffentlicht wurde. Danach gibt es in Deutschland statt der bisher vermuteten 23.400 gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften 34.000. Die Kosten für 2013 ergeben sich, weil das Verfassungsgericht eine rückwirkende Gleichstellung seit 2001 anordnete.

Am Dienstag soll der Gesetzentwurf der Bundesregierung in den Fraktionen und am Mittwoch im Kabinett verabschiedet werden. Am Freitag soll die erste Lesung im Bundestag stattfinden, sodass das Gesetz Ende Juni verabschiedet werden könnte. Die Opposition fordert auch eine Gleichstellung beim Adoptionsrecht, die die Union aber erst in der kommenden Legislaturperiode angehen möchte.

Doch darüber gibt es in der Union Streit. Die stellvertretende CDU-Vorsitzende und Sozialministerin Ursula von der Leyen macht sich für eine weitgehende Gleichstellung stark. „Ich kenne keine Studie, die sagt, dass es Kindern, die in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften aufwachsen, anders geht als Kindern, die in gemischtgeschlechtlichen Ehen aufwachsen“, sagte von der Leyen im Deutschlandfunk.

Gegen ein volles Adoptionsrecht regt sich drei Monate vor den Wahlen nicht nur in konservativen Kreisen Widerstand. Auch liberale CDU-Politiker äußern Bedenken. CDU-Vize Armin Laschet argumentierte, Kinder hätten das Recht auf Unterschiedlichkeit, auf Vater und Mutter. „Dies prinzipiell auszuschließen, um jemandem ein individuelles Recht auf Gleichstellung zu geben, halte ich für falsch“, sagte er dem „Spiegel“. Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier sagte dem Magazin, natürlich gebe es gleichgeschlechtliche Paare, die Kinder liebevoll erziehen. Trotzdem fühlten viele Menschen über alle Parteigrenzen hinweg „ein gewisses Unbehagen“ in dieser Frage.