Vincent und Bruno habenals Erste das Gesetz über die „Ehe für alle“ genutzt

Paris. Vincent Autin und Bruno Boileau gaben sich größte Mühe, so gelassen wie möglich zu bleiben, aber das war nicht ganz einfach. Denn als die beiden am Mittwochnachmittag um 17.30Uhr im Rathaus von Montpellier vor die Bürgermeisterin traten, um in den Stand der Ehe zu treten, war das ein politisches und ein historisches Ereignis, dem – neben den Hochzeitsgästen – mehr als 300 akkreditierte Journalisten aus aller Welt beiwohnten. Vincent, 40, und Bruno, 30 sind das erste homosexuelle Paar, das in Frankreich heiratete. Nach monatelangen und zum Teil sehr heftigen Debatten sowie einer letzten Großdemonstration der Gegner am Sonntag in Paris war das Gesetz über die „Ehe für alle“ mit der Veröffentlichung im französischen Gesetzblatt am Dienstag offiziell in Kraft getreten.

Autin und Boileau waren sich der symbolischen Bedeutung ihrer Handlung vollkommen bewusst. Autin ist seit Jahren in der Schwulen- und Lesbenbewegung aktiv, er ist Sprecher der Aktivistengruppe LGT Montpellier. „Der Trubel ist schon so gewaltig, dass man auch darin untergehen könnte. Aber das war uns von Anfang an klar, und wir wissen, dass unsere Heirat auch eine symbolische und politische Dimension hat“, sagte Vincent Autin der „Libération“.

Für die sozialistische Bürgermeisterin von Montpellier, Hélène Mandroux, die sich seit Jahren für die Gleichstellung Homosexueller engagiert und die südfranzösische Metropole zur schwulenfreundlichsten Stadt („la ville la plus gay friendly“) Frankreichs erklärt hat, ist es hingegen nicht das erste Mal, dass sie ein gleichgeschlechtliches Paar traut. Bereits 2011 hatte sie einen solchen Akt symbolisch vollzogen – allerdings hatte dieser damals keine zivilrechtliche Bedeutung.

Glückwünsche und Geschenke für das Paar kommen aus dem ganzen Land

Vor einer Woche hatte sich ein rechtsextremer Gegner der Homo-Ehe in Paris in der Kathedrale von Notre-Dame erschossen und diesen Akt unter anderem mit seinem Widerstand gegen die Reform begründet. Nach der letzten Großdemonstration gegen die Homo-Ehe am Sonntag in Paris, an der nach Polizeiangaben 150.000, nach Schätzung der konservativen Organisatoren eine Million Menschen teilnahmen, war es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Randalierern und der Polizei gekommen.

Autin und Boileau sehen ihre Trauung durchaus auch als politisches Signal. Aber das Risiko von Angriffen wollten sie nicht unnötig erhöhen. Ihre Feier nach der Eheschließung sollte nur im privaten Kreise von rund 140 Freunden an einem vorsichtshalber geheim gehaltenen Ort stattfinden. Glückwünsche und Geschenke aus ganz Frankreich, von Privatleuten wie von Unternehmen, bekommen Vincent und Bruno schon seit Tagen. Vor Wein, Büchern und Haushaltsgeräten können sie sich kaum noch retten. Auf seine Hochzeitsreise nach Brasilien geht das Paar dann im nächsten Jahr.