Staat soll 100 Euro monatlich einzahlen. Bundesregierung will Zusatzbeiträge ausbauen

Hamburg/Berlin. Die Ärzte wollen bei der Reform des deutschen Gesundheitswesens einen stärkeren Einfluss ausüben. Beim 116. Deutschen Ärztetag sprachen sich die Mediziner nicht nur gegen die Pläne zu einer Bürgerversicherung aus, sondern legten eigene Ideen für die Finanzierung der Krankenversicherung vor. Bundesärztekammer-Präsident Frank Ulrich Montgomery sagte, künftig sollten die Kassen von den Versicherten pauschale Beiträge von 130 bis 170 Euro erheben. Die genaue Höhe sollten die Kassen selbst festlegen. Der Arbeitgeberanteil solle wie bisher bei 7,3 Prozent des Einkommens festgeschrieben werden.

Mit der Kopfpauschale hatte die CDU vor einigen Jahren ein ähnliches Modell vorgelegt. Die Ärzte schlagen außerdem vor, für jedes Kind ein Gesundheitssparkonto einzurichten. Darauf soll der Staat bis zum 18. Lebensjahr 100 Euro pro Monat einzahlen. Damit sollen Kostensteigerungen im Gesundheitssystem abgefedert werden.

Ärztekammer-Präsident Montgomery spricht von Kampagne der Kassen

Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) kündigte an, stattdessen für einen Ausbau der Zusatzbeiträge bei den gesetzlichen Kassen einzutreten. Einen Zusatzbeitrag von zumeist 8 Euro kann eine Kasse erheben, wenn sie mit dem Geld aus dem Gesundheitsfonds nicht auskommt. Diese Beiträge haben dazu geführt, dass auch große Kassen zuletzt Millionen Versicherte verloren. Insider rechnen damit, dass wegen der schmilzenden Milliardenreserven einige Kassen bereits 2015 wieder die Extraprämie verlangen müssen. Derzeit kann beispielsweise die Hamburger HEK sogar eine Prämie von 75 Euro auszahlen. Doch im Prinzip wollen die meisten zurück zu Beiträgen, die sie selbst festlegen und nicht der Staat.

Der Vorstandschef der KKH, Ingo Kailuweit, sagte dem Abendblatt, das System der Zusatzbeiträge habe sich nicht bewährt: „Die Versicherten sehen in erster Linie nur den Zusatzbeitrag, nicht aber die Leistung, die dahintersteht. Das beste Chronikerprogramm, die beste Versorgung kann das Negativimage des Zusatzbeitrags nicht ausgleichen.“ Dabei seien gute Versorgungsprogramme für die Patienten auch volkswirtschaftlich sinnvoller. Und: „Die Zusatzbeiträge verursachen hohe Bürokratiekosten.“

In der Debatte um Korruption im Gesundheitswesen warf Montgomery Kassen und Medien eine Verleumdungskampagne gegen die Ärzte vor. „Wir müssen sehr darauf achten, dass die böse Saat des Gerüchts, der Verleumdung und Unterstellung nicht den ärztlichen Alltag zerstört.“

Die Bundesregierung plant neue Regeln im Sozialrecht, um Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen zu ahnden. Hamburg hat eine Verschärfung des Strafrechts vorgelegt, die am 7. Juni in den Bundesrat kommt und von der SPD-CDU-Regierung in Mecklenburg-Vorpommern unterstützt wird. Die Sanktionen reichen von Geldstrafen bis zu Freiheitsstrafen von fünf Jahren.